Widerstand gegen Freihandel ist nicht genug
Brüsseler Konferenz der LINKEN suchte nach Alternativen für einen gerechteren Welthandel
Der künftige US-Präsident Donald Trump will den heimischen Markt schützen. Eine Alternative auch für Europa, wo viele TTIP ablehnen? Die Welt der Freihandelsabkommen ist seit ein paar Wochen zumindest ein bisschen erschüttert. Nicht nur der Protest gegen TTIP und die Dramatik um CETA in der EU haben dazu beigetragen, sondern auch die Wahl von Donald Trump zum US-amerikanischen Präsidenten. Trump stellt Freihandelsabkommen in Frage und will den amerikanischen Markt schützen. »USA first« – »Zuerst die USA« – ist bekanntlich sein Motto. Wäre das nicht auch eine Alternative für Europa als Antwort auf neoliberale Handelsabkommen, die bei so vielen Menschen auf so wenig Gegenliebe stoßen?
Diese Frage wurde auf der Konferenz »Weltweit, Widerstand und Alternativen zum Freihandel», zu der die Fraktion der LINKEN im Europaparlament geladen hatte, nicht näher diskutiert. Nur eine Zuhörerin gab zu bedenken, dass man auch als Linke das Wort »Protektionismus« durchaus in den Mund nehmen dürfe.
Der Einwand war umso berechtigter, weil es die Konferenz nicht geschafft hatte, wirklich konkrete Alternativen zu der aktuellen Art der Freihandelsabkommen zu formulieren. »Allein die Tatsache, Widerstand zu leisten, kann schon eine Alternative sein«, sagte zwar eine Zuhörerin. Doch den Veranstaltern war das nicht genug. Denn genau das würden auch rechtspopulistische Kräfte machen. Deshalb sei es wichtig, mehr als nur Widerstand zu leisten und selbst Gegenmodelle anzubieten. Im Kleinen gibt es bereits viele. Doch diese lokalen Kräfte, die auf der Konferenz von Delmah Ndhlovu, Mitglied eines Forums für Klein-Biobauern in Zimbabwe, beispielhaft vertreten wurden, sind keine ernst zunehmende Gegner für multinationale Unternehmen. Die Verträge, die Regierungen mit anderen Regierungen im Namen und für das Wohl dieser Unternehmen unter Schlagwörtern wie »Zukunftssicherung« und »Schaffung von Arbeitsplätzen« abschließen – Schlagworte übrigens, die sich nicht auf Fakten stützen würden, wie der griechische Europa-Abgeordnete Selios Kouloglou in Erinnerung rief –, können leicht solche Kleininitiativen verbieten.
Die Konferenzteilnehmer waren sich dieser Macht des Kapitals bewusst, vermieden aber, das Offensichtliche auszusprechen: dass Alternativen zu TTIP, CETA oder TPP nur dann Chancen haben, wenn die Politik die Macht über das Kapital wieder zurückgewinnt. Wenn es also wieder die Politik ist, die die Regeln aufstellt, und nicht Banken, Investmentfirmen und Multi-Nationale.
Zurzeit ist genau das der Fall. »Die Regierungen, die sich bei den Freihandelsabkommen auf die Regeln des internationalen Handels berufen, haben sich auch dazu verpflichtet, die internationalen Abkommen zu Menschrechten und Umweltschutz zu beachten», sagte Adriana Espinosa, spanische Forscherin zu internationalen Unternehmen und Menschenrechten. Doch in den Texten der Freihandelsabkommen würden nur handelsrechtliche Aspekte beachtet, Menschenrechte und Umweltschutz dagegen beiseitegelassen. Ganz im Sinne der Großkonzerne. Faire Handelsabkommen könnten aber nur dann gelingen, »wenn man internationale Rechte zu Kultur, Wirtschaft, Umwelt, Klima und die Menschenrechte zusammenführt«, sagte Espinosa. Dabei müssten die Interessen von Individuen und der Gesellschaft immer über den Interessen von Unternehmen stehen. Staaten müssten die Wirtschaft kontrollieren. »Ich habe den Eindruck, selbstverständliche Dinge zu sagen, und es ist traurig, dass ich diese Dinge sagen muss«, so Espinosa.
Ihre Lösung wurde nicht als die eine große Alternative gefeiert, die am Ende der Konferenz stand. »In der alternativen Szene wird es schwierig sein, sich auf Alternativen zu einigen«, sagte vielmehr Anna Cavazzini von der deutschen NGO Campact. Die Suche nach Alternativen zumindest will die LINKEN-Fraktion im Europaparlament weiter unterstützen, so ihr Mitglied Helmut Scholz.