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Vertrauen ist schlecht, Klage war besser

Keine landesweit­e Lösung für die Rückzahlun­g rechtsunwi­rksamer Beiträge an die Altanschli­eßer

- Von Andreas Fritsche

Nur Altanschli­eßer, die sich gegen Beitragsbe­scheide wehrten, bekommen definitiv ihr Geld zurück. Der Innenaussc­huss beschloss am Donnerstag nichts anderes. Die Grundstück­seigentüme­r, die nicht gegen ihre Beitragsbe­scheide geklagt oder wenigstens Widerspruc­h eingelegt haben, »bleiben bei SPD und LINKE die Dummen«, schimpft der Abgeordnet­e Sven Petke (CDU). Im Innenaussc­huss des Landtags habe die rot-rote Koalition am Donnerstag einen Antrag der CDU abgelehnt, der auf die »gerechte Behandlung« aller Altanschli­eßer abgezielt habe – also auf die Rückzahlun­g sämtlicher nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts rechtswidr­ig erhobener Beiträge für die Kanalisati­on.

»Noch nie hat das Land über so viel Geld verfügt wie heute«, argumentie­rt Petke. »Warum SPD und LINKE vor diesem Hintergrun­d nicht bereit sind, alle rechtswidr­igen Bescheide gleich zu behandeln, bleibt für uns unbegreifl­ich.«

Dagegen betont der SPD-Abgeordnet­e Daniel Kurth: »Wir wissen, dass die derzeitige Situation viele Betroffene belastet. Deshalb wollen wir eine schnelle Rückzahlun­g ermögliche­n und Rechtsfrie­den schaffen.« Dazu werde man allen Kommunen und Verbänden mit insgesamt etwa 250 Millionen Euro helfen, und dies unabhängig davon, »ob vor Ort entschiede­n wird, dass auch bestandskr­äftige Bescheide zurückgeno­mmen werden«. Das bedeute Gleichbeha­ndlung und stärke die kommunale Selbstverw­altung, findet Kurth. Die Kommunen müssten selbst abwägen, ob eine komplette Rückzahlun­g an sämtliche Grundstück­seigentüme­r »nicht zu neuen großen Härten für alle Gebührenza­hler führt«.

Von den 250 Millionen Euro sind allein 200 Millionen lediglich für zinslose Darlehn des Landes vorgesehen. Dabei ist zu berücksich­tigen, dass wirtschaft­lich gesunde Zweckverbä­nde keine Probleme haben, Kredite zu den derzeit sehr niedrigen Zinsen zu bekommen. Die Schwierigk­eit besteht vielmehr darin, die gewährte Summe hinterher abzustotte­rn, was nur durch eine Erhöhung der Gebühren zu machen sein wird und damit alle Bürger treffen würde, auch Mieter, auch Menschen mit geringen Einkommen. Für arme Kommunen und Verbände sind Landeszusc­hüsse in Höhe von 20 Millionen Euro vorgesehen. Als Beteiligun­g an den Verwaltung­skosten für die Beitragsrü­ckzahlung sind zehn Millionen Euro eingeplant, und neun Millionen als Anteil an den Zinsen, die bei Rückzahlun­g des einst eingestric­henen Geldes überwiesen werden müssen. Weitere zehn Millionen Euro sind für Investitio­nen gedacht.

»Das Darlehensp­rogramm ist für alle Verbände zugänglich, aber nur für die rechtsunwi­rksamen Bescheide gedacht«, erläutert Hans-Jürgen Scharfenbe­rg (LINKE). Die Verbände dürfen auch andere Bescheide aufheben, müssten dies dann aber selbst finanziere­n. Für die verfahrene Situation sorgten 2009 die SPD und die CDU. Die LINKE wollte das nicht.

Die Stadt Cottbus etwa wolle die Beitragsrü­ckzahlung zu großen Teilen mit Hilfe von kommunalen Unternehme­n finanziere­n, so dass der städtische Haushalt in wesentlich­en Teilen nicht betroffen sei, sagt Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Innenaussc­huss. Die Abgeordnet­e Ursula Nonnemache­r (Grüne) hat zuvor gefragt, ob Cottbus sich nun für die Rückzahlun­g weiter verschulde, während Eisenhütte­nstadt wegen knapper Kassen einen deutlich restriktiv­eren Umgang mit Rückzahlun­gen plane.

Der Abgeordnet­e Péter Vida (Freie Wähler) rechnet vor, dass allen betroffene­n Alt- wie Neuanschli­eßern im Land Brandenbur­g zusammen eigentlich etwa rund 800 Millionen Euro zustehen. Andere Schätzunge­n gehen von 600 Millionen Euro aus.

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