Spektakuläre Aufholjagd
Der BVB schaffte es im Kampf gegen Real Madrid einen 0:2 Rückstand auszugleichen – und überzeugte mit einer spielerischen Glanzleistung
Borussia Dortmund hat auch im letzten Vorrundenspiel der Königsklasse für Furore gesorgt. Nach dem 2:2 bei Titelverteidiger Real Madrid bestaunt Europa die jungen Wilden von Trainer Thomas Tuchel. Historischer Torrekord, denkwürdige Aufholjagd, mitreißender Coup – der erneut imposante Auftritt von Borussia Dortmund in der Champions League versetzte Thomas Tuchel ins Schwärmen. Mit sichtlichem Stolz und einem Dauerlächeln kommentierte der BVB-Trainer das 2:2 (0:1) seines Teams bei Real Madrid: »Es ist etwas ganz Besonderes, nach einem 0:2-Rückstand auf diesem Level zurückzukommen – und das auch noch verdient.« Die große Show in der Kathedrale des spanischen Fußballs brachte auch den verletzten Mario Götze auf der heimischen Couch mächtig in Wallung. »Ihr seid Wahnsinn«, twitterte der Weltmeister in der Nacht an seine Kollegen.
Wie schon bei den Kantersiegen über Warschau (6:0/8:4) und dem Hinspiel gegen Real (2:2) gewann der BVB in Fußball-Europa reichlich Sympathien. »Ein wunderschönes Spektakel für die Zuschauer«, befand die spanische Zeitung »Marca«, »das war ein Spiel, das der Champions League würdig war.«
Selbst der Rückstand durch die beiden Treffer von Karim Benzema (28./53.) nahm den Gästen nicht den Glauben an die eigene Stärke. Dank der Hilfe des glänzend aufgelegten Torwart-Oldies Roman Weidenfeller und der Treffer des Angriffsduos Pierre-Emerick Aubameyang (60.) und Marco Reus (88.) sicherte sich der Revierclub den Gruppensieg noch vor dem höher eingeschätzten Titelverteidiger. Auch Madrids Trainer Zinédine Zidane war tief beeindruckt: »Dortmund hat einfach diesen ersten Platz verdient.«
Allein die nackten Zahlen sprechen für sich. Nie zuvor gelang einem Team in der europäischen Königsklasse 21 Vorrundentore. Zudem überzeugte der BVB in Madrid durch mehr Ballbesitz, einer besseren Pass- quote und einer höheren Laufleistung als das Starensemble um Cristiano Ronaldo. Weidenfeller empfand diebische Freude: »Der Wille und der Mut waren entscheidend. Wenn man so viele Jahre als Profi hinter sich hat wie ich, kann man solche Momente besonders genießen.«
Gleich mehrfach machte der 36 Jahre alte Ersatz für den verletzten Stammtorwart Roman Bürki beste Chancen der Spanier zunichte und trug damit gehörig dazu bei, dass sein Team im Spiel blieb. »Das ist sozusagen mein Weihnachtsgeschenk. Vielleicht habe ich mich damit selbst beschenkt«, sagte Weidenfeller.
Darüber hinaus half die Angriffswucht der Borussia über die eigenen Abwehrschwächen hinweg. Das Comeback von Reus Ende November hebt das Offensivspiel auf ein noch höheres Level. »Das ist natürlich schön«, antwortete Reus auf Fragen nach seiner Rückkehr und dem Torrekord des Teams, verwies aber auch auf die anhaltende Schwäche: »Grundsätzlich müssen wir versuchen, besser zu verteidigen. Weil es uns gelungen ist, vorne zu treffen, sah das nicht so gravierend aus.«
Dank des Gruppensieges geht die Borussia im Achtelfinale Topklubs wie dem FC Barcelona und Juventus Turin vorerst aus dem Weg. Dennoch droht bei der Auslosung am 12. Dezember ein schwerer Gegner. Mögliche Kontrahenten für das Achtelfinale sind Paris Saint-Germain, Benfica Lissabon, FC Sevilla und Manchester City. »Das ist alles gleich kompliziert«, kommentierte Tuchel. »Wir werden gegen jeden Gegner an unsere Grenze gehen müssen, um zu bestehen.«