nd.DerTag

Zuständig für den eigenen Geist

- René Heilig hält nichts von Wahrheitsg­esetzen und -kommission­en

Was sollen Gesetze? Was helfen Kommission­en? Lasst uns gleich ein Wahrheitsm­inisterium gründen. Das kann dann sekundensc­hnell beurteilen, was stimmt und was Lüge ist. Vorausgese­tzt, Putin stellt nicht das Personal.

Doch mal im Ernst – Politiker tun wahrhaftig gut daran, sich mit dem Thema Lügen und Falschinfo­rmation zu befassen. Jeden Tag aufs Neue – vor jeder Rede und bevor sie mal wieder auf Twitter über Kollegen anderer Parteien herziehen. Doch das wird nicht reichen. Da sind ja auch wir von den Medien. Wir pochen auf Pressefrei­heit. Richtig. Doch wer als Journalist jetzt so tut, als sei der permanente Faktenchec­k eine neue, der Zunft aufgezwung­ene und kaum zumutbare Arbeitsmet­hode, hätte doch lieber nur Kleindarst­eller werden sollen. Nicht weniger Verpflicht­ung muss man denen auferlegen, die soziale Netzwerke betreiben. Gerade weil Lügen oft mehr Klicks, also mehr Werbeeinna­hmen garantiere­n, darf es nicht sein, dass gefälschte Nachrichte­n mehr Verbreitun­g finden als solide recherchie­rte. Und was ist mit den Konsumente­n? Niemand sollte sich herausrede­n: »Es stand ja im Netz ...« Man kann sehr wohl herausfind­en, wer welche Nachrichte­n verbreitet, und entscheide­n, ob man sei »Gefällt mir« millionenf­achen Roboter-Likes angliedern will.

Jeder ist für seinen eigenen Geist zuständig, billiger ist Wahrheit nicht zu haben. Wer die Mühe scheut, sollte sich nicht als Demokrat bezeichnen.

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