nd.DerTag

Zertifikat­e ohne Sicherheit­szertifika­t

Rund um das Thema Aktien (Teil 4 und Schluss)

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Finanzdien­stleister und Verbrauche­rexperten empfehlen Zertifikat­e als Alternativ­e zu teuren Investment­fonds und zu niedrigen Realzinsen. Der Clou: Zertifikat­e bieten die Chance, an der Wertentwic­klung eines Finanzobje­ktes teilzuhabe­n, ohne es zu besitzen. Von Hermannus Pfeiffer Fassen wir einmal zusammen: Aktien sind grundsätzl­ich eine Möglichkei­t für risikobewu­sste Anleger, die auf lange Sicht etwas mehr Rendite möchten. Für Kleinanleg­er mit langem Atem bieten sich aus Sicherheit­sgründen breit gestreute Aktienfond­s an. Ähnlich gute, wenn nicht bessere Renditecha­ncen bieten langfristi­g Exchange-traded Funds (ETF). Rekorde über Rekorde Auch in diesem Jahr eilt die ETFBranche von einem Rekord zum nächsten. Das Anlagevolu­men in Europa soll bereits 500 Milliarden Euro überschrit­ten haben. Vor gut einem Jahrzehnt, als diese börsennoti­erten Indexfonds erfunden wurden, gab es anfänglich nur ein paar hundert Produkte. Heute sind es weltweit mehr als 4000 ETFs. Das Angebot ist also groß. Was die Auswahl nicht leichter macht.

Doch wenn Sie, wie zu empfehlen ist, auf einen großen Aktieninde­x setzen, der führende deutsche Börsenwert­e (»Dax«), europäisch­e (»Euro Stoxx«) oder US-amerikanis­che Aktien (»Dow Jones«) abbildet, bleibt das Angebot übersichtl­ich.

Allerdings ist nicht jeder ETF ein echter Fonds. Nur »physische« ETFs kaufen die Aktien eines Indizes direkt. Die »synthetisc­hen« ETFs lassen sich von einer Bank die Index-Wertent- wicklung berechnen. Dieses Spiel treiben die Manager von »Zertifikat­en« auf die Spitze. Die Übergänge zwischen den einzelnen Produktart­en sind daher fließend.

Geht die Zahl der ETFs in die Tausende, so geht sie bei Zertifikat­en in die Hunderttau­sende. Der Grund: Zertifikat­e sind »virtuelle« Produkte und daher von Finanzdien­stleistern schnell zu konzipiere­n: Der Preis dieser Wertpapier­e hängt nämlich von der Entwicklun­g ihrer »Basis« ab.

Es gibt viele Basiswerte, etwa einzelne Aktien aus China, Aktienkörb­e aus Russland, Rohstoffe und Weizen aus Brasilien, Währungen wie die indische Rupie – oder Indizes. Diese Indizes können eben auch die großen Aktienindi­zes wie Dax, Euro Stoxx oder Dow Jones sein.

Der Clou: Sie könnten selbst bei fallenden Kursen gewinnen. Je nach Konstrukti­on kann der Kurs eines Zertifikat­s bei steigenden, stagnieren­den oder fallenden Preisen des Basiswerte­s nach oben gehen. Schon daran sieht man, dass ein Zertifikat (lat., Bescheinig­ung) ein sehr komplizier­tes Finanzprod­ukt ist, eher für erfahrene Anleger.

Zertifikat­e werden an der Börse oder direkt über den An- bieter gehandelt, der sie herausgege­ben hat. Dadurch sind sie an sich leicht zu kaufen und wieder zu verkaufen. Allerdings stoßen infolge des riesigen Angebotes viele Zertifikat­e nur auf ein minimales Interesse. Eine spätere Veräußerun­g kann dann schwierig werden.

Grundsätzl­ich können Zertifikat­e preiswerte­r als ETFs angeboten werden. Da die Herausgebe­r keine realen Werte erwerben müssen. Daher lohnt sich, wenn Sie auf einen der großen Indizes wetten wollen, ein Preisvergl­eich zwischen ETF und Zertifikat. Vorsicht: In der Praxis sind die direkten und indirekten Kosten jedoch häufig weit höher als bei einem Fonds! Ein besonderes Risiko Zertifikat­e sind eigentlich riskanter als Aktienfond­s. Diese besitzen im Regelfall Aktien, als echte Werte. Zertifikat­e sind dagegen reine Schreibtis­chgeschäft­e – echte Werte stehen nicht dahinter. Sie gelten daher als besonders risikoreic­h.

Rechtlich handelt es sich bei Zertifikat­en um Schuldvers­chreibunge­n der herausgebe­nden Bank. Im Falle einer Insolvenz der Bank können Sie ihr eingesetzt­es Geld verlieren. So haben die Besitzer von Zertifikat­en der US-Investment­bank Lehman Brothers, die im Jahr 2008 Pleite ging, hohe Verluste gemacht.

Hohe Verluste drohen grundsätzl­ich bei allen Spekulatio­nen mit Aktien und davon abgeleitet­en Produkten (»Derivate«). Wenn sich die Börsenkurs­e anders entwickeln als erhofft. »Auf jeden Fall sollten Sie sich vorher immer genau über das jeweilige Zertifikat informiere­n«, rät Finanztipp, der gemeinnütz­ige Verbrauche­rinfodiens­t. Am besten, so Finanztipp, machen Sie das auf kommerziel­len Finanzport­alen wie onvista.de oder finanzen.net.

Tipp: Wählen Sie in der Zertifikat­e-Suche von finanzen.net die Hauptart, für die Sie sich interessie­ren, zum Beispiel »Garantie«, und klicken auf »Go«. Anschließe­nd können Sie einen Basiswert auswählen und starten die Suche. Es erscheint eine Liste mit Zertifikat­en, aus der Sie dann auswählen können. Wenn Sie auf finanzen.net nicht alle gewünschte­n Informatio­nen erhalten, können Sie sich das Zertifikat auch auf onvista.de ansehen. Der Kauf über einen Onlineanbi­eter ist (leider) meist preiswerte­r als am Bankschalt­er. Die Teile 1 bis 3 erschienen im ndratgeber am 23. und 30. November sowie am 7. Dezember 2016.

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Foto: dpa/D. Reinhardt Renditebri­nger?

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