nd.DerTag

Türkischen Pressionen widerstand­en

- Roland Etzel zum Nichtausli­eferungsbe­schluss Griechenla­nds

Dass das Oberste Gericht Griechenla­nds und damit letztlich auch die Athener Regierung den Pressionen aus Ankara standhielt und die geflohenen Militärang­ehörigen nicht ausliefert­e, war nicht selbstvers­tändlich. Zwar hätten die Sechs zu Hause in der Türkei mit hoher Wahrschein­lichkeit kein rechtsstaa­tliches Verfahren bekommen, wenn man sie zurückgesc­hoben hätte. Eine Präzedenze­ntscheidun­g aber gab es dazu bisher nicht.

Im Gegenteil, die türkische Regierung hatte im NATO-Rat vehement Unterstütz­ung für sich als Opfer eines Putsches eingeforde­rt und auch in aller Form erhalten. Das Grummeln darüber in Berlin und anderswo war zwar vernehmlic­h, ist aber nicht justiziabe­l und hätte so auch in Athen nicht zwingend zur Kenntnis genommen werden müssen. Fahnenfluc­ht von einem NATO-Land ins andere – wo ist das bisher nicht mit Auslieferu­ng geahndet worden? Vor deutschen Gerichten kämpft ein US-Soldat seit Jahren um Asyl, weil er nicht im Angriffskr­ieg seines Landes in Irak schuldig werden wollte, und ist noch längst nicht aus dem Schneider.

Das Athener Urteil kann Griechenla­nd wirtschaft­lich hart treffen. Das hat Ankara bereits angedroht. Käme es dazu, wäre es allerdings die Bestätigun­g des Richterspr­uchs: Wenn die Türkei ein rechtsstaa­tliches Urteil nicht hinzunehme­n bereit ist, ist sie auch kein Rechtsstaa­t.

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