nd.DerTag

Zweifel am Verfassung­sschutz

- Aert van Riel über das Vorgehen gegen die »Reichsbürg­er«-Szene

Welche Gefahr von sogenannte­n Reichsbürg­ern ausgeht, war Regierungs­politikern und Sicherheit­sbehörden offenbar lange Zeit nicht bewusst. Zu ulkig wirkten wohl die selbst ernannten Königreich­e und Fürstentüm­er auf deutschem Boden, deren »Imperatore­n« in baufällige­n Schlössern residierte­n. Doch es handelt sich keineswegs um eine harmlose Maskerade. Einige Mitglieder sind bis an die Zähne bewaffnet und wollen das Deutsche Reich wiederaufe­rstehen lassen. Noch bis vor kurzem hieß es aus Berliner Sicherheit­skreisen, dass nicht alle »Reichsbürg­er« »rechtsextr­em« seien. Wie soll man sonst eine Bewegung klassifizi­eren, wenn sie die Demokratie ablehnt sowie Antisemiti­smus und Rassismus verbreitet?

Erst nach tödlichen Schüssen auf einen Polizisten rückten die »Reichsbürg­er« stärker ins Blickfeld der Ermittler. Razzien und Entwaffnun­gen sind nun richtige Schritte. Abzuwarten bleibt aber, was die verstärkte Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz bringen wird. Der Inlandsgeh­eimdienst hatte im Umgang mit Neonazis oft versagt. Bekannte Beispiele hierfür sind Affären um V-Leute im Umfeld der NSU-Terroriste­n. Die vom Verfassung­sschutz unterstütz­ten rechtsradi­kalen Spitzel halfen nicht bei der Aufklärung, sondern waren ein Teil des Problems. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Geheimdien­st aus diesen Fehlern gelernt hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany