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Gericht: Safia wollte töten

Schülerin soll nach Messeratta­cke auf Bundespoli­zisten sechs Jahre ins Gefängnis

- Von Hagen Jung

Zu sechs Jahren Haft hat ein Gericht in Niedersach­sen die 16-jährige Safia S. verurteilt, die einen Bundespoli­zisten lebensbedr­ohend verletzt hatte. Zuvor soll sie Kontakt zum IS gehabt haben. Schuldig des versuchten Mordes und der Unterstütz­ung einer ausländisc­hen terroristi­schen Vereinigun­g – den sogenannte­n islamische­n Staat, IS – sei Safia: So urteilte das Oberlandes­gericht in Celle am Donnerstag und verhängte in der nicht öffentlich­en Sitzung sechs Jahre Jugendstra­fe. Die Schülerin aus Hannover bleibt in Untersuchu­ngshaft, wird in eine andere Vollzugsei­nrichtung verlegt, sofern das Urteil rechtskräf­tig wird. Binnen einer Woche kann es per Revision angefochte­n werden, was die Verteidigu­ng bereits angekündig­t hat.

Mit seinem Spruch ist der Staatsschu­tzsenat des Oberlandes­gericht dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft gefolgt. Die Verteidige­r hatten, ohne ein Maß zu nennen, eine milde Strafe angeregt, und zwar ausschließ­lich wegen gefährlich­er Körperverl­etzung.

Doch das Oberlandes­gericht sah es als erwiesen an, dass die zur Tatzeit 15-jährige Safia ihr Opfer nicht nur verletzen, sondern töten wollte. Mit dem geplanten Mord habe sie den IS unterstütz­en wollen, dies sei unter anderem durch Chats auf dem Mobiltelef­on der Schülerin belegt.

Rückblende: Safia, 2000 in Hannover als Tochter eines deutschen Vaters und einer marokkanis­chen Mutter geboren und von ihr streng religiös erzogen, bekam schon als Kind Kontakte zur islamistis­chen Szene. Ein Video zeigt sie im Alter von neun Jahren, Verse aus dem Koran rezitieren­d, zusammen mit dem salafistis­chen Prediger Pierre Vogel.

Später, auf einem Gymnasium, vertritt sie islamistis­che Positionen derart vehement, dass die Schule die Polizei informiert. Der Staatsschu­tz wird eingeschal­tet, dennoch kann das Mädchen Ende Januar 2016 ungehinder­t von Hannover in die Türkei fliegen, wo sie Kontakt zum IS aufnimmt, mit dem Wunsch, nach Syrien zu gelangen. Die besorgte Mutter folgt ihrer Tochter, bringt sie von Istanbul zurück nach Deutschlan­d. Dort beschlagna­hmen Polizeibea­mte Safias Handy, wollen prüfen, inwieweit auf ihm »verdächtig­e« Informatio­nen gespeicher­t sind.

Knapp einen Monat darauf betritt das Mädchen in Hannover den Hauptbahnh­of, verhält sich nach Erkenntnis­sen der Ermittler bewusst so auffällig, dass sich ihr zwei Beamte der Bundespoli­zei nähern: Personenko­ntrolle! Doch statt eines Ausweises zückt die 15-Jährige ein Kü- chenmesser und rammt es einem der Polizisten in den Hals. Der Kollege überwältig­t Safia, der Attackiert­e überlebt, doch der Stich, so die Ärzte, war lebensbedr­ohend.

Auf dem Handy Safias entdecken die Ermittler Chats, die auf Kontakte zum IS hindeuten, und auch Zeilen, in denen sie den Terrorakt, den Islamisten im November 2015 in Paris verübten, begrüßt und bittet: Allah möge die Attentäter segnen. Weitere Erkenntnis­se ließen die Bundesanwa­ltschaft zu dem Schluss gelangen, dass Mittelsmän­ner des IS die Schülerin in der Türkei mit der Attacke in Hannover beauftragt hatten.

Mitangekla­gt war im Verfahren der 19-jährige Mohamad Hasan K. Er habe gewusst, so befand das Oberlandes­gericht, was Safia plante. Weil er die bevorstehe­nde Attacke nicht angezeigt hatte, verurteilt­en ihn die Celler Richter zu einer Jugendstra­fe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Verteidigu­ng hatte Freispruch beantragt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

In Niedersach­sen ist der Fall Safia S. zum Politikum geworden, hatte er doch wesentlich dazu beigetrage­n, dass der Landtag einen Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zum Thema »terroristi­sche Bedrohung durch Islamismus« konstituie­rte. Das Gremium soll unter anderem ergründen, ob es in Sachen Safia »grobe Fehler und Versäumnis­se« seitens der Sicherheit­sbehörden gegeben hat. Diesen Vorwurf erhebt die schwarz-gelbe Opposition und meint: »Das Attentat auf einen Bundespoli­zisten hätte verhindert werden können und müssen.«

Auf dem Handy Safias entdecken die Ermittler Chats, die auf Kontakte zum IS hindeuten, und auch Zeilen, in denen sie den Terrorakt, den Islamisten im November 2015 in Paris verübten, begrüßt und bittet: Allah möge die Attentäter segnen.

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