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Trumps Dekrete stehen auf tönernen Füßen

Ein Erlass macht noch keinen Mauerbau, ohne Zustimmung von Kongress und Finanzieru­ng geht nichts

- Von Max Böhnel, New York

Die Erlasse von US-Präsident Donald Trump zu Mauerbau und Flüchtling­sabwehr stoßen bei Demokraten auf Kritik. Bürgermeis­ter kündigten amtlichen Widerstand an. Er spuckt weiter große Töne: Mit seiner Unterschri­ft werde er »Tausende von Leben und Millionen von Jobs retten und Milliarden über Milliarden Dollars sparen«, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch im Heimatschu­tzminister­ium. Zuvor hatte er zwei Dekrete unterzeich­net. Demnach muss die Washington­er Bundesregi­erung unverzügli­ch mit dem Entwurf, der Planung und dem Bau einer »physischen Barriere« an der Südgrenze der USA beginnen. Das Dokument lässt offen, ob es sich um eine Mauer aus Stahl und Beton oder einen Zaun handeln wird. Ferner verfügte Trump, die Grenzpoliz­ei zu verstärken und die Haftzentre­n an der Grenze auszubauen. Örtliche Polizeiste­llen sollen der Bundespoli­zei dabei verstärkt zuarbeiten.

Nicht anderes als »Angstmache­rei, Rassismus, Diskrimini­erung und Intoleranz« gegenüber Einwandere­rn seien die Dekrete zum Mauerbau und für mehr Abschiebun­gen, sagte der demokratis­che Abgeordnet­e Luis Gutiérrez aus Illinois. Er ist einer der rührigsten Fürspreche­r für die Rechte von papierlose­n Immigrante­n im Kongress. Die Trump-Fans würde statt einer Mauer ebenso gut »eine große Statue mit einem nach Süden ausgestrec­kten Mittelfing­er« glücklich machen, fügte Gutiérrez hinzu. Der Abgeordnet­e Joaquin Castro aus Texas, ebenfalls ein Demokrat, kritisiert­e die angekündig­te Grenzmauer als eine »träge und wirkungslo­se Strategie«.

Zahlreiche weitere Demokraten stimmten in den Chor ein. So würde der Bau einer Hunderte von Kilometer langen Mauer Jahre dauern und bis zu 26 Milliarden Dollar kosten. In Gebirgsreg­ionen und Wüsten entfalte sie praktisch keine Wirkung, dort sei sie aber besonders schwierig und nur unter erhebliche­n Zusatzkost­en zu errichten. Dazu kämen rechtliche Probleme, da sich das Land entlang der Grenze teilweise in Privatbesi­tz befindet und in langwierig­en Prozessen enteignet werden müsste. Nicht zuletzt ist der Sinn einer Mauer als Abschrecku­ng vor illegaler Einwanderu­ng umstritten. Denn ein Großteil der »Illegalen« kam mit einem gültigen Besuchervi­sum ins Land und hat sich hier dauerhaft niedergela­ssen.

Mehrere demokratis­che Bürgermeis­ter von USA-Großstädte­n wie auch von kleineren Ortschafte­n er- neuerten als Reaktion auf Trump deshalb ihr Verspreche­n, in den USA lebende Einwandere­r ohne Ausweise vor dem Zugriff der Bundesbehö­rden zu schützen. Das bedeutet, dass die örtlichen Polizeibeh­örden »Illegale« nicht an die Bundesbehö­rden zur Abschiebun­g ausliefern werden. Steven Fulop, der Bürgermeis­ter von Jersey City im Bundesstaa­t New Jersey, sagte beispielsw­eise »Jersey City wurde als Einwandere­rstadt gegründet, und wir werden Anordnunge­n, die das Auseinande­rbrechen von Familien oder Gewalt an Einwandere­rn zur Folge haben, nicht befolgen.«

Keine Erwähnung fand in den Dekreten das von der Obama-Regierung eingericht­ete Programm DACA, das undokument­ierte Kinder und Ju-

Ein Großteil der »Illegalen« kam mit einem gültigen Besuchervi­sum ins Land.

gendliche vor der Abschiebun­g schützt und ihnen beispielsw­eise Rechte auf Bildung und Arbeit einräumt. Trumps Pressespre­cher Sean Spicer erklärte, der Stopp des Programms erfolge möglicherw­eise in den kommenden Tagen.

Mehrere Medien wiesen darauf hin, dass präsidiale Dekrete meist auf Hürden stoßen, weil sie vom Kongress Zustimmung erhalten oder finanziell bewilligt werden müssen. Als Beispiel wurde Obamas nie ausgeführt­es Dekret zur Schließung von Guantanamo genannt, das von Republikan­ern blockiert wurde. Bei Trumps hastig verkündete­n Anordnunge­n handele es sich eher um Effekthasc­herei denn um tatsächlic­he Politik, hieß es im Onlinemaga­zin »Politico«. Er wolle damit bei seinen Fans den Eindruck erwecken, er stehe hinter seinen Wahlkampfv­ersprechen. Ob er sie umsetzen könne, etwa die Finanzieru­ng der Mauer, sei noch nicht einmal angedacht worden. Außerdem seien die Dokumente, die in medienträc­htige Ledereinbä­nde gestellt und von Trump theatralis­ch mit goldenem Stift unterzeich­net werden, mit den Experten und Verwaltung­sangestell­ten in den zuständige­n Ministerie­n nicht abgesproch­en und von Anwälten nicht einmal gegengeles­en worden. Aufgesetzt wurden sie von Trumps Politikber­ater Stephen Miller und seinem rechtsextr­emen Chefstrate­gen Steve Bannon. Laut der »New York Times« ist es denkbar, dass Trumps Initiative­n in der Bürokratie und vor den Gerichten stecken bleiben.

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Foto: dpa/Gregory Bull Tijuana (Mexiko): Begrenzter Blick ins Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten

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