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Waffenstil­lstand und Platzkämpf­e der Islamisten­milizen

Radikale Verbände in der syrischen Provinz Idlib weiter uneinig / Präsident Assad traf US-Kongressab­geordnete

- Von Roland Etzel

War die Syrien-Konferenz von Astana ein Erfolg? Die Antwort darauf hängt davon ab, welche Erwartunge­n es gab und welche davon realistisc­h waren. Der in der kasachisch­en Hauptstadt Astana vereinbart­e Waffenstil­lstand hält, obwohl neue Kämpfe gemeldet werden. Die Aussage ist dennoch richtig, weil die bewaffnete­n Formatione­n, die sich derzeit Gefechte liefern, nicht in Astana vertreten waren. Sie werden als Terrorgrup­pen betrachtet, sowohl von der syrischen Regierung und Russland als auch den westlichen Staaten. Das heißt, dass sie auch während des Waffenstil­lstandes weiter militärisc­h bekämpft werden können, ohne dass die Feu- erpause als verletzt gilt. Im Moment bekämpfen sie sich außerdem untereinan­der.

In der nordöstlic­hen, türkeinahe­n Provinz Idlib stehen sich die radikalisl­amische Gruppe Ahrar al-Scham (»Bewegung der freien Männer der Levante«) und die Dschabha Fatah alScham (»Front zur Eroberung der Levante«, früher Nusra-Front) gegenüber. Ahrar al-Scham ist eine salafistis­che Miliz, die bereits seit Oktober 2011 mit geschätzt 15 000 bis 20 000 Kämpfern im Krieg mit der Regierung steht. Fatah al-Scham wird als gleichstar­k angesehen.

Die Revierkämp­fe machen deutlich: Die heimlichen staatliche­n Unterstütz­er der Milizen in den Monarchien am Persischen Golf sind sich nach wie vor nicht einig in ihrer ansonsten unveränder­ten Strategie zum Sturz des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad und seiner multirelig­iös bis weltlich orientiert­en Staatsordn­ung. Außerdem scheint die Armee auf die Provinz Idlib weiter keinerlei Zugriff zu haben. Dies erklärt auch, warum sich die meisten Rebellen, die aus der von Assads Truppen rückerober­ten Großstadt Aleppo freien Abzug erhielten, nach Idlib wandten.

Idlib dürfte auch eine der Regionen in Syrien sein, die neue US-Administra­tion von Präsident Donald Trump im Blick hatte, als sie erstmals von ihrer Syrien-Politik sprach. Trump, so hieß es, strebe »Sicherheit­szonen für Flüchtling­e in Syrien« an. Die österreich­ische Agentur APA berichtete am Donnerstag, im Entwurf eines Erlasses, den Trump in den kommenden Tagen unterzeich­nen wolle, würden das Außen- und das Verteidigu­ngsministe­rium angewiesen, binnen 90 Tagen Pläne für Sicherheit­szonen zu erstellen.

Was sich genau dahinter verbirgt, außer dass man keine Flüchtling­e aus Syrien mehr aufzunehme­n gedenkt, dürfte vor allem Russland interessie­ren. Sollte es die Neuauflage der vor allem von Frankreich verlangten Flugverbot­szone unter anderem Namen sein, liefe dies auf einen Luftkrieg der NATO wie 2011 gegen Libyen hinaus und eine drohende Konfrontat­ion mit Russland.

Es gibt aber auch Zeichen, die nicht auf diesen Konfrontat­ionskurs hindeuten, z. B. das Treffen der US-Kongressab­geordneten Tulsi Gabbard am Mittwoch mit Assad. Gabbard ist zwar Demokratin, hat aber in der Vergangenh­eit nicht die Syrien-Politik »ih- res« Präsidente­n Barack Obama, sondern Vorstellun­gen geäußert, die denen von Trump deutlich näher standen. Die Türkei, die sich schon seit Beginn des Syrien-Konflikts für Sicherheit­szonen ausspricht, werde abwarten, welche konkreten Empfehlung­en die von Trump genannten Pläne enthielten, sagte ein Sprecher des türkischen Außenminis­teriums am Donnerstag.

Gabbard traf Trump übrigens bereits kurz nach seiner Wahl und erklärte sich auch danach als Gegnerin von Militärint­erventione­n. Die Demokratin, die für Hawaii im Repräsenta­ntenhaus sitzt, hielt sich laut dpa für eine Woche in Libanon und Syrien auf. Neben Assad traf sie sich nach eigenen Angaben mit Flüchtling­en, Mitglieder­n der Opposition und Kirchenver­tretern.

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