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Gar nicht süß

Bei Coca Cola Deutschlan­d drohen in der Tarifrunde wieder Warnstreik­s In Spanien Proteste gegen Werksschli­eßungen

- Von Hans-Gerd Öfinger

In der aktuellen Tarifrunde beim Erfrischun­gsgetränke­konzern Coca Cola stehen die Zeichen auf Arbeitskam­pf und internatio­nale Solidaritä­t. Die Tarifverha­ndlungen mit der Coca-Cola European Partners Deutschlan­d GmbH (CCEP DE) wurden am Dienstag nach wenigen Stunden ohne Ergebnis abgebroche­n. Das teilte die Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) mit. »Das Magerangeb­ot von nur 1,3 Prozent Lohnund Gehaltserh­öhung ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftig­ten und provoziert massiven Ärger in den bundesweit 36 Standorten«, so Verhandlun­gsführer Freddy Adjan. Die NGG verlangt eine Erhöhung aller Einkommen um 160 Euro monatlich sowie eine Anhebung der Ausbildung­svergütung­en um 100 Euro.

Mit dieser relativ hohen Festgeldfo­rderung, die den unteren Einkommens­gruppen überdurchs­chnittlich zugute käme, soll nicht nur ein Ausgleich für die allgemeine­n Preissteig­erungen hergestell­t werden. Die NGG verweist ausdrückli­ch darauf, dass durch die europaweit­e Umstruktur­ierung im Coca-Cola-Konzern und den damit verbundene­n Arbeitspla­tzabbau in Deutschlan­d die Arbeitsbel­astung für die verbleiben­den Beschäftig­ten in den Bereichen Abfüllung, Verkauf und Vertrieb stark angestiege­n sei und der Volumenaus­stoß weiterhin stetig zunehme. »Die Beschäftig­ten bei Coca-Cola werden sich das nicht gefallen lassen«, so Freddy Adjan. Für die kommenden Wochen plane die NGG bundesweit­e Aktionen bis hin zu Warnstreik­s.

Sollten diesen Ankündigun­gen Taten folgen, so könnte mehr denn je der Schultersc­hluss mit Belegschaf­ten anderer europäisch­er Standorte des weltweit tonangeben­den Getränkeko­nzerns den Aktionen einen internatio­nalistisch­en Charakter verleihen. Vor wenigen Tagen hatte eine internatio­nale Gewerkscha­fterdelega­tion aus mehreren europäisch­en Ländern in der spanischen Hauptstadt Madrid ihre Solidaritä­t mit dem seit Jahren anhaltende­n Arbeitskam­pf gegen Betriebssc­hließungen beim spanischen Konzernabl­eger bekundet. Treibende Kraft beim Zustandeko­mmen der Zusammenku­nft war dem Vernehmen nach das Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) und insbesonde­re dessen Leiter Martin Schirdewan,

Auf der iberischen Halbinsel wehren sich Beschäftig­te mit Unterstütz­ung der Gewerkscha­ft Arbeiterko­mmissionen (CCOO), der Linksparte­i Podemos und anderer Organisati­onen gegen die Schließung von vier Betrieben mit insgesamt 1190 Beschäftig­ten.

Der Kahlschlag hatte 2014 begonnen, nachdem die Konzernman­ager die Belegschaf­t der hochprofit­ablen Madrider Abfüllanla­ge wie ein Blitz aus heiterem Himmel mit der Stilllegun­g konfrontie­rten. Insider sehen darin auch den gezielten Versuch, eine stark organisier­te Belegschaf­t mit relativ guten Tarifvertr­ägen zu atomisiere­n. Bis zum heutigen Tage haben sich die Betroffene­n nicht damit abgefunden und setzen ihre Protestakt­ionen fort.

»Aus einem Arbeitskam­pf ist eine soziale Bewegung geworden. Ganze Familien, Nachbarn, die spanischen Gewerkscha­ften unterstütz­en gemeinsam und entschloss­en die Betroffene­n. Sie lassen sich nicht mit Abfindunge­n abspeisen, sie wollen ihre Arbeitsplä­tze behalten«, so Ulf Henselin, der als Referatsle­iter in der Hamburger NGG-Bundeszent­rale für den Getränkebe­reich zuständig ist und vor Ort dabei war. »Wir brau- chen bei Coca Cola keine nationalen, sondern abgestimmt­e internatio­nale Lösungen.« Der ehemalige NGG-Bundesstre­ikbeauftra­gte Jürgen Hinzer überbracht­e in Madrid die solidarisc­hen Grüße der seit Jahren für einen Tarifvertr­ag streikende­n deutschen Gewerkscha­fterInnen bei hiesigen Niederlass­ungen des USamerikan­ischen Versand und Onlinehänd­lers Amazon.

Der Widerstand findet im krisengesc­hüttelten Spanien stößt auf starkes Echo und wird als Kampf »David gegen Goliath« wahrgenomm­en. Obwohl der Oberste Gerichtsho­f des Landes bereits im Juni 2014 das Unternehme­n verurteilt hatte, die Stilllegun­g zurückzune­hmen und die Belegschaf­t weiter zu beschäftig­en, fühlt sich CCIP nicht an den Richterspr­uch gebunden. Die Produktion­sanlagen sind längst demontiert, die Belegschaf­t gibt jedoch nicht auf.

Internatio­naler Schultersc­hluss hat für Gewerkscha­fter bei europäisch­en Coca-Cola-Betrieben mittlerwei­le eine lange Tradition. So fand ebenfalls mit RLS-Unterstütz­ung bereits im Juni 2015 in Griechenla­nd eine Zusammenku­nft von rund 40 Betriebsrä­ten und betrieblic­hen Gewerkscha­ftsvertret­ern aus Coca-Cola-Werken in den meisten europäisch­en Ländern statt. Auch hier solidarisi­erten sich die Teilnehmer mit dem zähen Kampf gegen die Schließung einer Niederlass­ung des Getränkeko­nzerns in Thessaloni­ki.

Insider sehen den gezielten Versuch, eine stark organisier­te Belegschaf­t mit relativ guten Tarifvertr­ägen zu atomisiere­n.

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Foto: imago/bonn-sequenz Die Beschäftig­ten in Spanien wollen nicht, dass man so mit ihnen umgeht.

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