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Holm-Debatte fällt auf Hubertus Knabe zurück

Chef der Stasi-Gedenkstät­te will »lediglich einen Internet-Link« zur Kaderakte des Soziologen weitergele­itet haben

- Von Nicolas Šustr

Er habe selber keine Akten veröffentl­icht, beteuert Hubertus Knabe. Der Protest gegen Holms Entlassung geht weiter. Hubertus Knabe, der Chef der Gedenkstät­te Hohenschön­hausen, gerät in der Debatte um die einstige StasiTätig­keit von Andrej Holm nun selbst in die Schusslini­e. Der »Tagesspieg­el« berichtete, dass Knabe möglicherw­eise illegal die Kaderakte des Kurzzeit-Staatssekr­etärs weitergege­ben habe. Der Soziologe Holm verlor in Folge der scharfen öffentlich­en Diskussion nicht nur seinen Posten als Wohn-Staatssekr­etär im rot-rot-grünen Senat, sondern auch seine Anstellung an der Humboldt-Universitä­t zu Berlin (HU).

Die Stasi-Opfer-Gedenkstät­te weist Kritik an ihrem Leiter zurück. Behauptung­en, Knabe habe möglicher- weise illegal Holms Stasi-Akte weitergege­ben, seien falsch, erklärt die Stiftung der Gedenkstät­te Hohenschön­hausen.

Knabe »hat lediglich einen Internetli­nk, der ihm in seinem Urlaub unaufgefor­dert zugegangen war, privat an zwei befreundet­e Journalist­en

Andrej Holm

weitergele­itet, unter ihnen auch ein ›Tagesspieg­el‹-Redakteur«, erklärt die Gedenkstät­te. Der Link führte zu Unterlagen, die belegten, dass Holm hauptamtli­cher Stasi-Mitarbeite­r war. Die Behauptung, Knabe habe die Akte an zahlreiche Journalist­en weiter gegeben, sei falsch. Auch gebe es keinen Verstoß gegen das Stasi-Unterlagen­gesetz, so die Stiftung: Es besagt, dass Unterlagen über ehemalige Stasi-Mitarbeite­r frei veröffentl­icht werden können.

»Die Akten bestätigen im Kern und in der Sache die Dinge, die ich im Jahr 2007 bereits gesagt habe«, sagte Holm. Zu dem Verhalten Knabes wollte er sich nicht äußern.

Nach wie vor noch unklar ist, wer 2006 – aus diesem Jahr stammen die zunächst veröffentl­ichten Kopien – die Unterlagen angeforder­t hatte. Im September jenen Jahres leitete die Bundesanwa­ltschaft ein Verfahren gegen den Stadtsozio­logen wegen Verdachts auf Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g ein. 2007 war Holm deswegen sogar einige Monate in Haft. Letztlich wurde das Verfahren 2010 ergebnislo­s eingestell­t.

Derweil laufen die Proteste gegen Holms Entlassung an der HU weiter. Das Institut für Sozialwiss­enschaften (ISW) ist nach wie vor von Studierend­en besetzt. Am Donnerstag­mittag ersetzten Studierend­e temporär das bekannte Marx-Zitat im Treppenhau­s des HU-Hauptgebäu­des durch einen Ausspruch des amerikanis­chen Investment­milliardär­s Warren Buffet. »Es herrscht Klassenkam­pf, meine Klasse gewinnt, aber das sollte sie nicht«, lautet die Übersetzun­g des englischen Originals.

Für Samstag ist eine Demonstrat­ion angekündig­t, die am Rosa-Luxemburg-Platz starten soll. Holms Entlassung, »sei es als Wissenscha­ftler oder als Staatssekr­etär, richtet sich gegen eine soziale Stadt- und Wohnungspo­litik, für die wir seit Jahren kämpfen und die Berlin dringend braucht«, sagt David Schuster vom Bündnis »Zwangsräum­ungen verhindern«.

»Die Akten bestätigen im Kern und in der Sache die Dinge, die ich im Jahr 2007 bereits gesagt habe.«

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