nd.DerTag

Die Lobbykriti­k weitertrei­ben

Guido Speckmann über eine Studie von Transparen­cy Internatio­nal

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Nicht erst seit dem Brexit-Votum hat die Europäisch­e Union ein Problem: Ihr laufen die Anhänger davon. Das Schimpfen auf die Bonzen in Brüssel ist zum Volkssport geworden, gerade bei den Rechten der AfD, der Front National oder der FPÖ. Und dafür gibt es einen nachvollzi­ehbaren Grund: Die Politiker wechseln munter von gut bezahlten politische­n Ämtern in viel besser vergütete Posten bei VW, der Bank of America oder Uber. Bestes Beispiel: der ehemalige EU-Kommissar Barroso, der zu Goldman Sachs ging. Das dies nicht nur Einzelfäll­e sind, belegt die jüngste Studie von Transparen­cy Internatio­nal.

Die Ergebnisse könnten die Rechtspopu­listen in ihrer EU-Kritik bestätigen. Gleichwohl darf die Linke jetzt nicht vor der Kritik am Lobbying auf europäisch­er Ebene zurückzuck­en. Ihre Kritik jedoch muss weitergehe­n. Sie darf das Phänomen nicht als Charakters­chwäche oder Folge zu lascher Regeln beschreibe­n, sondern müsste es im Kontext des ungleichen Zugangs zu Macht und Ressourcen behandeln. Mit Appellen, »ehrenhaft und zurückhalt­end« zu sein, ist dem Problem nicht beizukomme­n. Auch nicht allein mit der Verlängeru­ng der Karenzzeit oder der Einführung einer Prüfbehörd­e, wie es Transparen­cy fordert. Vielmehr ist dem Lobbyprobl­em nur in einem egalitärer­en Europa wirksam zu begegnen. Die EUElite scheint dazu aber nicht bereit, obwohl sie die Euroskepsi­s spätestens seit dem Brexit als drängendes Problem erkannt hat.

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