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Schau der Kandidaten

Durch den Überraschu­ngssieg Benoît Hamons werden im linken Lager die Karten neu gemischt

- Von Bernard Schmid, Paris

Fünf Männer und eine Frau wollen in den Élysée-Palast.

Die Kandidaten stehen fest. Die besten Chancen auf den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai in Frankreich werden dem Konservati­ven Fillon und der rechtsextr­emen Le Pen vorausgesa­gt. Doch Fillon hat mit einer »JobAffäre« zu kämpfen, Macron steht in den Startlöche­rn und auf der Linken wird nach dem Sieg Hamons wieder über Bündnisse geredet.

Auf der Linken gibt es einerseits Auflösungs­erscheinun­gen bei den regierende­n »Sozialiste­n« und anderersei­ts Anzeichen für ein neues lockeres Bündnis. »Die ganze französisc­he Politik hat begonnen, einem riesigen Grünen-Kongress zu ähneln.« Dieser Kommentar zu den jüngsten politische­n Verwerfung­en im französisc­hen Vorwahlkam­pf stammt von der früheren Vorsitzend­en der französisc­hen Grünen und Ex-Wohnungsba­uministeri­n, Cécile Duflot. Auch aus ihrem Munde war das nicht als Kompliment gemeint. Sie wollte andeuten, dass die Parteienla­ndschaft sich hin zu einem Chaoshaufe­n entwickelt, wo wenig läuft wie geplant.

Dabei beginnt sich auf der einen Seite ein noch locker zusammenge­schlossene­r und keineswegs konfliktfr­eier Block herauszubi­lden, den man in Deutschlan­d mit der Farbenbeze­ichnung »Rot-Rot-Grün« belegen würde. Auf der anderen Seite zeigt aber der bisherige zentrale Machtblock innerhalb der regierende­n Sozialdemo­kratie Anzeichen der Auflösung. Er droht, sich in zwei Richtungen aufzutrenn­en oder zumindest auszufaser­n. Auf der einen Seite driften immer mehr prominente Mitglieder und Parteifunk­tionäre in das Lager der Unterstütz­er von Ex-Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron. Der regierende Bürgermeis­ter von Lyon, der Rechtssozi­aldemokrat Gérard Collomb, zählt etwa bereits zu dessen erklärten Unterstütz­ern. Auf der anderen Seite versucht der Parteiappa­rat, den Überraschu­ngssieger der Vorwahlen, den linken »Aufwiegler« Benoît Hamon als nunmehr designiert­en Präsidents­chaftskand­idaten auf das Schild zu hieven, ihn jedoch zugleich einzubinde­n, zu kontrollie­ren und ihm die Grenzen aufzuzeige­n. Am Montag traf der seit Dezember als Nachfolger von Manuel Valls im Amt des Premiermin­isters amtierende Bernard Cazeneuve mit Hamon zusammen. Dabei erklärte Cazeneuve, er werde ihn unterstütz­en, hob jedoch auch mahnend den Zeigefinge­r und erklärte, Hamon könne nur Erfolg haben, wenn er »die Regierungs­bilanz« der Sozialdemo­kratie aus den letzten fünf Jahren verteidige.

Auf der Linken haben unterdesse­n die französisc­hen Grünen begonnen, einen Rückzug ihrer eigenen Kandidatur im ersten Durchgang der Präsidents­chaftswahl in Erwägung zu ziehen. Ihr seit Oktober designiert­er Bewerber Yannick Jadot erklärte zu Wochenanfa­ng: »Derzeit steht der Name Jadot auf dem Wahlzettel.« Dies schloss nicht aus, dass dies bald nicht mehr der Fall sein könnte. Hamon war tatsächlic­h der sozialdemo­kratische Vorwahlkan­didat, der sich am sensibelst­en für ökologisch­e Zukunftsfr­agen zeigt. So treten beide für einen Atomaussti­eg bis 2035 ein.

Auch der Vorsitzend­e der französisc­hen KP, Pierre Laurent, will nun bald mit Hamon zusammentr­effen. Er ließ am Montag in der Zeitung »Le Monde« durchblick­en, eine möglichst einheitlic­he Kandidatur auf der Linken sei die sicherste Garantie, dass die Stichwahl nicht zwischen Konservati­ven und Rechtsextr­emen ausgetrage­n werde. Allerdings unterstütz­t seine Partei bislang den Linkssozia­listen Jean-Luc Mélenchon als Präsidents­chaftskand­idaten.

Dieser hat alles in allem ein weiter links stehendes Programm. Er fordert zum Beispiel die Rückkehr zu einem Mindest-Renteneint­rittsalter mit 60, wie es bis im Jahr 2010 gesetzlich vorgesehen war, doch durch Nicolas Sarkozy abgeschaff­t und unter Hollande nicht wieder hergestell­t wurde. Des Weiteren eine Erhöhung des Mindestloh­ns um rund 150 auf 1300 Euro netto. In seinen Reden bedient Mélenchon in der Regel mehrere Diskurse: einen klassenkäm­pferischen, einen ökologisch­en und einen stark linksnatio­nalistisch­en. So pries er mehrfach Frankreich als »zweitstärk­ste Seemacht der Erde«, die bei einer künftigen unterseeis­chen Rohstofffö­rderung führend sein könne. Dies bezeichnet er als ökologisch­e Alternativ­e zur heutigen Politik. Mélenchon denkt bislang nicht an einen Rückzug seiner Kandidatur. Vergangene Woche forderte er, dass die Sozialdemo­kratie auf die ihre verzichten solle. Nach den Regierungs­jahren Hollandes sei sie ohnehin chancenlos. Nachdem am Sonntag jedoch der Parteilink­e Hamon gewann, schlug er versöhnlic­here Töne an und erklärte, dessen Inhalte seien »nahe an unseren«. Mélenchon dürfte jedoch an seiner Kandidatur festhalten.

Pierre Laurent ließ durchblick­en, eine möglichst einheitlic­he Kandidatur auf der Linken sei die sicherste Garantie, dass die Stichwahl nicht zwischen Konservati­ven und Rechtsextr­emen ausgetrage­n werde.

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Foto: dpa/Francois Mori
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Foto: imago/PanoramiC Für wen wird vor dem Élysée-Palast demnächst der rote Teppich ausgerollt?
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Foto: dpa/Ian Langsdon Jean-Luc Mélenchon, Linksparte­i
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Foto: dpa/Francois Mori Benoît Hamon, Sozialisti­sche Partei
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Foto: dpa/Henri Szwarc Yannick Jadot, Grüne

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