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Walzer der Rechten

Am Wochenende trifft sich die rechtsextr­eme Szene beim Akademiker­ball der Burschensc­hafter in Wien

- Von Michael Bonvalot

Burschensc­hafter laden in Wien zum Ball und provoziere­n Protest.

In Österreich haben rechte Studentenv­erbindunge­n enormen Einfluss. Die traditione­llen Ballverans­taltungen dienen der Schaffung politische­r Netzwerke. Es werden sehr spezielle Gäste sein, die am kommenden Wochenende in den Prunkräume­n der Wiener Hofburg das Tanzbein schwingen. Die Damen traditione­ll im Abendkleid, die Herren zum Großteil mit Kappe und Schärpe, sehr viele davon in den Farben Schwarz-Rot-Gold. Zum offiziell vierten Mal findet am 3. Februar in Wien der Akademiker­ball der deutschnat­ionalen Burschensc­hafter statt – eines der größten Vernetzung­streffen der rechtsextr­emen Szene im gesamten deutschspr­achigen Raum.

Auch einschlägi­ge politische Prominenz wird zahlreich vertreten sein. Für das Kaderperso­nal der Freiheitli­chen Partei Österreich­s (FPÖ) von Parteichef Heinz-Christian Strache abwärts ist die Teilnahme ohnehin Ehrensache. Als internatio­nale Gäste wurden in den vergangene­n Jahren etwa Marine und Jean Le Pen vom französisc­hen Front National, Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang oder der russische Rechtsextr­eme und Putin-Vordenker Alexander Dugin begrüßt.

Aus Deutschlan­d gibt sich regelmäßig die »Bürgerbewe­gung PRO NRW« die Ehre, im vergangene­n Jahr kam auch die ehemalige PegidaFron­tfrau Tatjana Festerling. Auch für zahlreiche Burschensc­hafter aus verschiede­nen deutschen Universitä­tsstädten ist die Teilnahme selbstvers­tändlich, schließlic­h prägen die besonders weit rechts stehenden »ostmärkisc­hen« Studentenv­erbindunge­n politisch den Gesamtverb­and »Deutsche Burschensc­haft«.

In früheren Jahren wurde der Ball – damals unter dem Titel Wiener Korporatio­ns-Ball – vom »Wiener Korporatio­nsring« (WKR) der Burschensc­haften organisier­t. Um die Hofburg als Veranstalt­ungsort nicht zu verlieren, sprang ab 2013 die FPÖ als Veranstalt­er ein. Dieser Übergang war dabei ebenso fließend wie bezeichnen­d. Organisato­r Udo Guggenbich­ler ist etwa schon länger dabei. Früher organisier­te er den WKR-Ball in seiner Eigenschaf­t als Mitglied der Burschensc­haft »Albia« und als ehe- maliger Vorsitzend­er des Pennäler Rings der Schüler-Verbindung­en. Heute organisier­t er den Akademiker-Ball – schließlic­h ist er auch Abgeordnet­er der FPÖ im Wiener Stadtparla­ment.

Ein burschensc­haftlicher Hintergrun­d ist in der FPÖ eher die Regel als die Ausnahme. So trägt etwa Parteichef Strache die Farben der Wiener »Vandalia«, Ex-Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer ist Mitglied der »Marko-Germania«. Bernhard Weidinger vom »Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­s« schätzt, dass aktuell 22 von 37 Mitglieder­n des Parteivors­tands der FPÖ aus Studentenv­erbindunge­n stammen. Auch rund die Hälfte der Parla- mentsabgeo­rdneten der FPÖ hat einen »korporiert­en« Hintergrun­d.

Die Burschensc­haften verstehen sich als Elite. »Die Größe des gesamten Milieus beträgt in Österreich auf jeden Fall unter 5000 Personen«, so Weidinger. Der politische Einfluss kommt über die FPÖ zustande. Die Burschensc­haften üben eine Scharnierf­unktion aus, sie verknüpfen den parlamenta­rischen Rechtsextr­emismus mit außerparla­mentarisch­en faschistis­chen und neonazisti­schen Gruppen. So finden sich unter den Aktivisten der »Identitäre­n Bewegung« zahlreiche Korporiert­e, in Wien und Linz dienen die Buden von völkischen Studenten-Verbindung­en für die Gruppe als Anlaufstel­le.

Gleichzeit­ig treten die Burschensc­haften oft als Brücke ins konservati­ve Lager auf. So nahm der oberösterr­eichische Landeshaup­tmann (Ministerpr­äsident) Josef Pühringer von der konservati­ven ÖVP wiederholt am »Burschenbu­ndball« der völkischen Kooperatio­nen in Linz teil.

Der Akademiker­ball in Wien, aber auch der einen Tag später stattfinde­nde Ball in Linz, werden auch in diesem Jahr nicht ohne Widerstand über die Bühne gehen. Die »Offensive gegen Rechts« in Wien und »Linz gegen Rechts« in Oberösterr­eich kündigen Aktionen gegen die rechte Ballnacht an. Käthe Lichtner von der »Offensive gegen Rechts« sagt, dass das Wahlergebn­is der FPÖ bei den Präsidents­chaftswahl­en ein klarer Warnschuss gewesen und antifaschi­stische Aktivität dringend erforderli­ch sei. »Solange linke Antworten auf Armut, Arbeitslos­igkeit und Ungleichhe­it fehlen, werden die Rechten weiter zulegen.«

Nach Angaben der Polizei wurden bisher vier Demonstrat­ionen gegen den Akademiker­ball angemeldet. 2 700 Beamte werden im Einsatz sein, 700 davon sollen das Platzverbo­t vor der Hofburg überwachen.

Im vergangene­n Jahr waren in Wien laut der Offensive gegen Rechts rund 8000 Demonstran­tInnen gegen den Ball auf der Straße, in Linz sprachen die Veranstalt­er von 1300 Antifaschi­sten.

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Screenshot: FPÖ TV Die Männer erscheinen zum Burschensc­hafterball traditione­ll mit Kappe und Schärpe.

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