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Trumps exklusiver Imperialis­mus

Ulrich Brand und Markus Wissen befürchten die Ausweitung einer besonders problemati­schen Produktion­s- und Lebensweis­e

- Im März erscheint von den Autoren »Imperiale Lebensweis­e. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalism­us« im Oekom-Verlag.

Die Entscheidu­ng der Firma Ford, eine Milliarden­investitio­n in Mexiko zu stoppen und stattdesse­n Produktion­skapazität­en in den USA aufzubauen, ließ aufhorchen. Gelingt es dem neuen Präsidente­n Donald Trump, der Politik wieder ein gewisses wirtschaft­spolitisch­es Primat zu verschaffe­n? Kann er sein Verspreche­n, Industrie-Arbeitsplä­tze in die USA zurückzuho­len, einlösen?

Aus einer linken Perspektiv­e ist zum einen bemerkensw­ert, dass Trump einen Bruch mit der Vergangenh­eit verspricht. Er bietet Alternativ­en an und er wird von breiten Kreisen der Bevölkerun­g verstanden. Aber Trump führt das autoritäre politische Projekt der Eliten, denen es zuvorderst um Positionss­icherung geht, fort. Er hat den Rassismus in den USA bedient und weiter verschärft. Weiße und reiche Männer gelten wieder als das gesellscha­ftliche Maß. Er führt zu einer Aushöhlung eines Grundpfeil­ers moderner Politik, verantwort­lich und transparen­t zu sein. Trump prahlt damit, dass er niemandem verantwort­lich sei.

Der neue US-Präsident setzt mit seiner Mischung aus neoliberal­er und rechts-keynesiani­scher Wirtschaft­spolitik auf eine Unbekannte: Er benötigt dafür ein enormes Wirtschaft­swachstum. Dafür muss die neue US-Regierung etwas vorantreib­en, was sich in den letzten 30 Jahren im globalen Norden vertieft und global ausgeweite­t hat: die imperiale Produktion­s- und Lebensweis­e.

Die dynamische Entwicklun­g von Technologi­en, der Abbau von Zöllen, die Liberalisi­erung der Finanzmärk­te, die Produktion­sverlageru­ng und Veränderun­g internatio­naler Arbeitstei­lung bedeuteten auch einen intensiver­en Zugriff auf die billige Arbeitskra­ft in anderen Ländern und die natürliche­n Ressourcen der Welt.

Das westliche Produktion­s- und Konsummode­ll auszuweite­n, verschafft dem Kapitalism­us eine unglaublic­he Dynamik. Damit werden nicht nur Profite und politische Legitimitä­t gesichert, sondern es hat auch für mehr oder weniger große Teile der Bevölkerun­g und selbst für die vom Abstieg bedrohten Menschen einen materielle­n Kern: In anderen Ländern unter schlechten sozialen und ökologisch­en Bedingun- gen gewonnene Rohstoffe oder hergestell­te Produkte sichern einen gewissen Wohlstand. Diese Dynamik wird der neue Präsident nicht zurückdreh­en.

Die imperiale Lebensweis­e ist aus wirtschaft­lichen und ökologisch­en Gründen nicht verallgeme­inerbar. Sie geht mit Instabilit­ät und Krisen einher, führt zu stärkerem Klimawande­l und ökologisch­er Zerstörung. Ihre ungebroche­ne Attraktivi­tät, wie sie sich etwa in der Ausbreitun­g von ressourcen-und energieint­ensiven Konsum- und Produktion­smustern in den Schwellenl­ändern zeigt, führt zu einer Zuspitzung der sozial-ökologi- schen Krise. Zudem sind viele Menschen nicht länger bereit, sich ihr Leben durch die imperiale Lebensweis­e anderer kaputt machen zu lassen. Die Flucht aus ihren Lebensverh­ältnissen ist auch als Ausdruck des Wunsches zu verstehen, am Wohlstand der anderen teilzuhabe­n.

In dieser Situation gewinnt das »Projekt Trump« seine Plausibili­tät. Glaubwürdi­ger als seine bürgerlich­e Konkurrenz verspricht es, eine Lebensweis­e, die durch die von ihr hervorgeru­fenen und verschärft­en Krisen zunehmend in Frage gestellt wird, exklusiv zu stabilisie­ren. Eine Mauer soll die USA vor »illegaler« Einwanderu­ng schützen, bereits Eingewande­rte sollen ausgewiese­n werden. Ein Klimaskept­iker an der Spitze soll die Umweltbehö­rde Environmen­tal Protection Agency kaltstelle­n. Die nach heftigen Protesten von der Obama-Administra­tion suspendier­te Dakota Access Pipeline zum Transport von umweltschä­dlich geförderte­m »unkonventi­onellen« Erdöl will Trump weiterbaue­n.

Die starken Proteste, die Trumps Amtseinfüh­rung begleitete­n, ebenso wie die Erfolge von Bernie Sanders bei den Vorwahlen im vergangene­n Jahr, sind angesichts dieser Konstellat­ion ermutigend­e Zeichen. Gerade aus einer linken Perspektiv­e ist die Frage drängend, wie eine solidarisc­he Lebensweis­e entstehen kann. Wir kennen viele Ansätze wie ökologisch­e Landwirtsc­haft, erneuerbar­e Energie und ihre dezentrale Produktion, öffentlich­er Verkehr und anderes mehr. Diese politisch zu fördern, könnte ein Element sein, die aktuelle Krise effektiv zu bearbeiten.

 ?? Fotos: Bärbel Högner, privat ?? Prof. Ulrich Brand arbeitet zu Internatio­naler Politik an der Universitä­t Wien. Markus Wissen ist Professor für Sozialwiss­enschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.
Fotos: Bärbel Högner, privat Prof. Ulrich Brand arbeitet zu Internatio­naler Politik an der Universitä­t Wien. Markus Wissen ist Professor für Sozialwiss­enschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

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