Trumps exklusiver Imperialismus
Ulrich Brand und Markus Wissen befürchten die Ausweitung einer besonders problematischen Produktions- und Lebensweise
Die Entscheidung der Firma Ford, eine Milliardeninvestition in Mexiko zu stoppen und stattdessen Produktionskapazitäten in den USA aufzubauen, ließ aufhorchen. Gelingt es dem neuen Präsidenten Donald Trump, der Politik wieder ein gewisses wirtschaftspolitisches Primat zu verschaffen? Kann er sein Versprechen, Industrie-Arbeitsplätze in die USA zurückzuholen, einlösen?
Aus einer linken Perspektive ist zum einen bemerkenswert, dass Trump einen Bruch mit der Vergangenheit verspricht. Er bietet Alternativen an und er wird von breiten Kreisen der Bevölkerung verstanden. Aber Trump führt das autoritäre politische Projekt der Eliten, denen es zuvorderst um Positionssicherung geht, fort. Er hat den Rassismus in den USA bedient und weiter verschärft. Weiße und reiche Männer gelten wieder als das gesellschaftliche Maß. Er führt zu einer Aushöhlung eines Grundpfeilers moderner Politik, verantwortlich und transparent zu sein. Trump prahlt damit, dass er niemandem verantwortlich sei.
Der neue US-Präsident setzt mit seiner Mischung aus neoliberaler und rechts-keynesianischer Wirtschaftspolitik auf eine Unbekannte: Er benötigt dafür ein enormes Wirtschaftswachstum. Dafür muss die neue US-Regierung etwas vorantreiben, was sich in den letzten 30 Jahren im globalen Norden vertieft und global ausgeweitet hat: die imperiale Produktions- und Lebensweise.
Die dynamische Entwicklung von Technologien, der Abbau von Zöllen, die Liberalisierung der Finanzmärkte, die Produktionsverlagerung und Veränderung internationaler Arbeitsteilung bedeuteten auch einen intensiveren Zugriff auf die billige Arbeitskraft in anderen Ländern und die natürlichen Ressourcen der Welt.
Das westliche Produktions- und Konsummodell auszuweiten, verschafft dem Kapitalismus eine unglaubliche Dynamik. Damit werden nicht nur Profite und politische Legitimität gesichert, sondern es hat auch für mehr oder weniger große Teile der Bevölkerung und selbst für die vom Abstieg bedrohten Menschen einen materiellen Kern: In anderen Ländern unter schlechten sozialen und ökologischen Bedingun- gen gewonnene Rohstoffe oder hergestellte Produkte sichern einen gewissen Wohlstand. Diese Dynamik wird der neue Präsident nicht zurückdrehen.
Die imperiale Lebensweise ist aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar. Sie geht mit Instabilität und Krisen einher, führt zu stärkerem Klimawandel und ökologischer Zerstörung. Ihre ungebrochene Attraktivität, wie sie sich etwa in der Ausbreitung von ressourcen-und energieintensiven Konsum- und Produktionsmustern in den Schwellenländern zeigt, führt zu einer Zuspitzung der sozial-ökologi- schen Krise. Zudem sind viele Menschen nicht länger bereit, sich ihr Leben durch die imperiale Lebensweise anderer kaputt machen zu lassen. Die Flucht aus ihren Lebensverhältnissen ist auch als Ausdruck des Wunsches zu verstehen, am Wohlstand der anderen teilzuhaben.
In dieser Situation gewinnt das »Projekt Trump« seine Plausibilität. Glaubwürdiger als seine bürgerliche Konkurrenz verspricht es, eine Lebensweise, die durch die von ihr hervorgerufenen und verschärften Krisen zunehmend in Frage gestellt wird, exklusiv zu stabilisieren. Eine Mauer soll die USA vor »illegaler« Einwanderung schützen, bereits Eingewanderte sollen ausgewiesen werden. Ein Klimaskeptiker an der Spitze soll die Umweltbehörde Environmental Protection Agency kaltstellen. Die nach heftigen Protesten von der Obama-Administration suspendierte Dakota Access Pipeline zum Transport von umweltschädlich gefördertem »unkonventionellen« Erdöl will Trump weiterbauen.
Die starken Proteste, die Trumps Amtseinführung begleiteten, ebenso wie die Erfolge von Bernie Sanders bei den Vorwahlen im vergangenen Jahr, sind angesichts dieser Konstellation ermutigende Zeichen. Gerade aus einer linken Perspektive ist die Frage drängend, wie eine solidarische Lebensweise entstehen kann. Wir kennen viele Ansätze wie ökologische Landwirtschaft, erneuerbare Energie und ihre dezentrale Produktion, öffentlicher Verkehr und anderes mehr. Diese politisch zu fördern, könnte ein Element sein, die aktuelle Krise effektiv zu bearbeiten.