Das Asylrecht wankt
Uwe Kalbe über den Erfolg des Terrors über das westliche Wertesystem
Straftätern ab einer bestimmten Schwere der Tat ist Asyl verwehrt, das gilt erst recht für Terroristen. Das Urteil des EuGH stellt klar: Bereits die »aktive Mitgliedschaft« in einer als terroristisch deklarierten Gruppe kann Asylverweigerungsgrund sein. Das Urteil ist zugleich Botschaft und Drohung: Wer Verfolgung selbst verschuldet, verwirkt sein Recht auf Asyl.
Dies ist jedoch eine politische Ansage. Sie führt in einen rechtlichen Irrgarten. Denn wo beginnt dieses »Verschulden«? Zählt Widerstand gegen Diktaturen dazu? Und gilt das für Widerstand aller Art oder nur für den bewaffneten? Vor allem: Gilt es für Feind oder auch Freund, wenn er sich bewaffneter und damit folgerichtig tödlicher, für unschuldig Beteiligte terroristischer Methoden bedient? Es verschwimmen die Grenzen zwischen juristischer und politischer Bewertung – je mehr nämlich der Westen zur sichtbaren Partei der globalen militärischen Auseinandersetzungen wird. Islamischer Staat oder PKK, Freie Syrische Armee oder Taliban – was hier Asylgrund ist, kann dort Asylverweigerungsgrund sein. Die Unterstützung militärischer Gruppierungen durch den Westen selbst schafft ständig Gründe beider Art. Das Asylrecht wankt, der Terror gewinnt damit die Oberhand. Auf jetziger Stufe ist die drohende Verfolgung im Heimatland noch Abschiebehindernis, aber schon kein Asylgrund mehr.