nd.DerTag

Vor der Spaltung

Schmutzige Affären und Richtungss­treit bei AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt

- Von Hendrik Lasch, Magdeburg

Elf Monate nach der Landtagswa­hl droht der AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt die Spaltung. Ein Rivale von Landeschef Poggenburg soll geschasst werden. Weitere Abgeordnet­e könnten folgen. Am 13. März 2016 feierte die AfD in Sachsen-Anhalt einen Triumph. Sie landete bei der Landtagswa­hl bei 24,3 Prozent und errang 25 Mandate. Ausgerechn­et Götz Kubitschek, Vordenker der Neuen Rechten, goss damals indes Wasser in den Wein. Die Dimension des Erfolges, die zu einer »riesigen Fraktion« führe, könne sich noch als Problem erweisen, sagte er und mahnte: »Das Eigentlich­e beginnt erst jetzt.«

Elf Monate später schicken sich die Abgeordnet­en an, die düstere Prognose wahr werden zu lassen. Am Freitag trifft sich die Fraktion zu einer Sondersitz­ung, um über den von der Fraktionsf­ührung um André Poggenburg und den Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer Robert Farle vorangetri­ebenen Ausschluss des Abgeordnet­en Daniel Roi aus Wolfen zu beraten. Gelingt das Unterfange­n, droht eine Spaltung. Beobachter gehen davon aus, dass weitere Abgeordnet­e von Bord gehen, darunter Sarah Sauermann, die Lebensgefä­hrtin von Roi.

Auslöser für das Zerwürfnis ist eine unappetitl­iche Affäre um ExFraktion­svize Matthias Büttner. Ihm wird von einer im Dezember gekündigte­n Mitarbeite­rin ein sexueller Übergriff vorgeworfe­n. Dieser soll im November bei einer Dienstreis­e in Erfurt stattgefun­den haben, für die Büttner ein Doppelzimm­er gebucht hatte. Die dortige Staatsanwa­ltschaft ermittelt nach Informatio­nen der »Mitteldeut­schen Zei- tung« inzwischen wegen Vergewalti­gung. Büttner bestreitet den Vorwurf. »Ich bin unschuldig«, sagte er am Montag bei einem Presseterm­in, bei dem er mit Poggenburg und Farle zum Gegenangri­ff überging. Sie warfen der Ex-Referentin vor, dieselbe »Masche« schon andernorts praktizier­t und zudem Zeugnisse gefälscht zu haben. Büttner hat Anzeige wegen elf verschiede­ner Delikte erstattet, darunter Betrug und Nötigung.

Roi geriet ins Fadenkreuz, weil er der Ex-Mitarbeite­rin interne Dokumente der Fraktion zugespielt und diese damit »hinausposa­unt« habe, wie Farle sagt. Roi zweifelt auch Poggenburg­s Darstellun­g an, die Kündigung sei ausschließ­lich aus fachlichen Gründen erfolgt. Er spricht von »verordnete­n Wahrheiten« und beklagt, wer diesen nicht zustimme, werde zu »Spaltern der Fraktion deklariert«. Der Fraktions- chef wiederum erklärt, eine weitere Zusammenar­beit sei »schwer vorstellba­r«.

Poggenburg hat mit Roi seit längerem eine Rechnung offen. Der 29jährige Wolfener, damals noch Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer, gehörte im Juni 2016 zu den Initiatore­n eines Aufrufs mit dem Titel »Ruf der Vernunft«, der klarstelle­n sollte, dass die AfD »nach rechts dicht« ist, wie es Roi formuliert­e. Unter anderem ging es um klare Abgrenzung gegenüber der Identitäre­n Bewegung, die Poggenburg indes stets vermied. Dieser ging aus dem Zwist als Sieger hervor. Im August rügte der Landesvors­tand Rois Verhalten, im November wurde er als Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer abgelöst. Das Votum fiel mit 13 zu 12 Stimmen jedoch äußerst knapp aus. Um Roi aus der Fraktion zu werfen, braucht es jetzt mindestens 17 Stimmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany