Ramstein nur eine Relaisstation?
Bundesregierung spielt Bedeutung des US-Stützpunktes für den weltweiten Drohnenkrieg herunter
Kaum ein Einsatz von Killerdrohnen, der nicht über Rheinland-Pfalz läuft. Die Bundesregierung mag weder die Bedeutung Ramsteins noch den völkerrechtswidrigen Charakter der Einsätze erkennen. »Alle Daten, jedes einzelne bisschen Dateninformation, das zu Fluggeräten oder Mannschaften übertragen wurde, liefen über Ramstein«, berichtete der frühere US-Drohnenpilot Brandon Bryant im Oktober 2015 vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Der US-Amerikaner hatte als »Sensor Operator« die Aufgabe, die Kamera der Drohne zu steuern und Ziele zu markieren. Irak, Afghanistan, Pakistan, Somalia und Jemen: In diesen Einsatzgebieten hätten alle männlichen Personen im Alter von über zwölf Jahren als legitime Ziele gegolten, so Bryant. Die Enthüllungen des Ex-Soldaten sind Weitem nicht die einzigen Hinweise auf die Bedeutung Ramsteins für den weltweiten Drohnenkrieg.
Das weiß auch die Bundesregierung, wie aus der Antwort des Außenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Unter dem Titel »Die US-Basis Ramstein als wichtiger Knoten im weltweiten Drohnenkrieg« hatte der LINKEN-Abgeordnete Andrej Hunko ein ganzes Bündel an Fragen zum Themenkomplex gesammelt.
Die Bundesregierung leugnet nicht mehr, dass der rheinland-pfälzische Stützpunkt Teil des Drohnenkriegs gegen den Terror ist. Im Dezember 2016 hatte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), bestätigt, dass die Relaisstationen in Ramstein für die Weiterleitung von Signalen für die »Luftoperationen« verwendet würden. Außerdem, so Roth, würden Drohnenangriffe dort geplant, überwacht und ausgewertet. Diese Informationen hatte das Auswärtige Amt angeblich erst im August 2016 in einem Gespräch mit Vertretern der US-Botschaft erhalten.
In ihrer Antwort versucht die Bundesregierung nun, die Bedeutung von Ramstein herunterzuspielen und verweist auf entsprechende Informationen der US-Botschaft. Demnach würden unbemannte Luftfahrzeuge (UAV), also Drohnen, von Ramstein »weder gestartet noch gesteuert«. Die Einsätze der UAV würden von verschiedenen Standorten aus geflogen, »unter Nutzung diverser FernmeldeRelaisschaltungen, von denen einige auch über Ramstein laufen«. Zudem unterstütze das Personal in Ramstein »die Planung, Überwachung und Auswertung von zugewiesenen Luftope- rationen«, heißt es in dem Antwortschreiben.
Die Bundesregierung legt hier eine falsche Bescheidenheit an den Tag. US-Drohnenpilot Bryant hatte immer betont, wie wichtig Ramstein für Einsätze in Jemen oder Pakistan war und wohl auch ist: Demnach sendete die Predator-Drohne über dem Einsatzgebiet ein Signal nach Ramstein, das dann durch ein Glasfaserkabel zur Cannon-Airbase in den USA weitergeleitet wurde, wo die Piloten an ihren Joysticks saßen. »In den mehr als 6000 Stunden, die ich geflogen bin, und in den tausenden Missionen gab es keinen einzigen Einsatz, bei dem ich nicht Ramstein angerufen hätte, um mich mit meiner Drohne verbinden zu lassen«, so Bryant gegenüber dem ARD-Magazin »Panorama«. Ramstein ist so wichtig, weil die Erdkrümmung einen direkten Kontakt in die USA unmöglich macht.
Die Bundesregierung versucht nun die Flucht nach vorn und behauptet kühn, der Drohneneinsatz sei »durch das humanitäre Völkerrecht nicht ver- boten«. Weil sich die USA an die Regeln des humanitären Völkerrechts hielten, also auch an »das Gebot der Unterscheidung zwischen Kombattanten/Kämpfern und Zivilpersonen«.
Niemand weiß, wie viele Menschen den Drohnen zum Opfer fielen. Eine Untersuchung der Organisation Reprieve von Einsätzen in Pakistan und Jemen aus dem Jahre 2014 ergab, dass dabei 1147 Menschen ums Leben kamen, darunter etwa 150 Kinder. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verweist auf die Deutungshoheit der US-Regierung: Washington definiere später, wer von den Opfern Terrorist und wer Zivilist war.
Misstrauen ist also angebracht. Doch die Bundesregierung sieht kei-
Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, an der »Zusicherung der USA zu zweifeln«, dass die Aktivitäten der Militärs im Einklang mit dem geltenden Recht erfolgten.
nen Anlass, an der »Zusicherung der USA zu zweifeln«,dass die Aktivitäten der Militärs im Einklang mit dem geltenden Recht erfolgten. »Die USA weisen als Rechtsstaat eine breit institutionell verankerte Tradition auf, humanitäres Völkerrecht zu respektieren.« All die Meldungen über geheime US-Foltergefängnisse, Entführungen von Terrorverdächtigen und völkerrechtswidrige Angriffskriege konnten das Vertrauen Berlins in den großen Bruder nicht erschüttern.
Doch Andrej Hunko will nachsetzen. Gegenüber »nd« sagte der Abgeordnete: »Deutschland trägt durch die Duldung von Ramstein Mitverantwortung für Tausende Tote im völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg – so auch beim jüngsten Angriff mit zahlreichen toten Zivilisten in Jemen. Wir werden nicht locker lassen, um diese Unterstützung zu beenden.«