Deutsch-ägyptische Annäherung
Trotz rigider Verfolgung der Opposition in Kairo plant die Bundesregierung eine Ausweitung der Zusammenarbeit
Mit harter Hand regiert Staatschef Sisi sein Land; die Demokratie wurde weitgehend abgeschafft. Die Bundesregierung will nun dennoch die Zusammenarbeit ausweiten. Nur noch wenige Dutzend waren auf den Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo gekommen, um in den vergangenen Tagen den Beginn der Massendemonstrationen Ende Januar 2011 zu feiern: Zu Beginn des siebten Jahres nach dem Arabischen Frühling, in Ägypten verbunden mit der Absetzung von Staatspräsident Hosni Mubarak, ist bei vielen Ägyptern die Erkenntnis eingekehrt, dass man sich mitten im Winter befindet: Versammlungen auf öffentlichen Plätzen werden nur dann genehmigt, wenn sie der Regierung genehm sind. Ende November wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zumindest stark einschränken wird. Und immer wieder verschwinden Regierungskritiker, werden Massen von Angeklagten gemeinsam in Kurzprozessen zum Tode verurteilt.
Dennoch möchte die Bundesregierung nun die Zusammenarbeit mit Ägyptens Staatschefs Abdelfattah alSisi ausweiten. Ende Januar telefonierte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Präsidenten; gleichzeitig war Außenminister Samih Hassan Schukri zu Gast. Danach fand man in Berlins die wohl freundlichsten Worte, die Sisi aus dem Ausland zu hören bekommen haben dürfte, seit er im Juli 2013 als Generalstabschef Massendemonstrationen gegen den gewählten, aber islamisch-konservativen Präsidenten Mohammad Mursi dazu nutzte, um sich an die Macht zu putschen.
Die Beziehungen seien so gut wie nie zuvor, teilte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, mit: »Ägypten kann sich auf die Unterstützung Deutschlands verlassen.«
Regierungssprecher Steffen Seibert teilte indes mit, Merkel und Sisi hätten in ihrem Telefon darüber gesprochen, die »Sicherheitszusammenarbeit mit Blick auf den internationalen Terrorismus« zu vertiefen. Zudem wolle man die Zusammenarbeit im Bereich Migration ausweiten; die Bundesregierung erkenne die »von Ägypten geleisteten Anstrengungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen an.«
Die Vereinten Nationen stufen die Lage von Flüchtlingen in Ägypten indes als »bedenklich, mancherorts auch kritisch« ein: Der Zugang zu Bil- dung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum sei ihnen weitgehend verwehrt; zudem seien Flüchtlinge häufig Gewalt durch Sicherheitskräfte und Zivilisten ausgesetzt. Die Versorgung erfolge nahezu vollständig über das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), dem aber ähnliche Einschränkungen wie anderen Nichtregierungsorganisationen drohen.
Sisi wirbt dennoch unermüdlich für einen ähnlichen Deal wie jenen der EU mit der Türkei; die Berlin scheint nicht abgeneigt: »Ich würde nicht darauf bauen, dass die ägyptische Regierung eventuelle ausländische Hilfen für die Verbesserung der Versorgung von Flüchtlingen verwendet«, sagt ein UNHCR-Sprecher. Auch eine Zusammenarbeit im Si- cherheitsbereich könnte sich als problematisch erweisen: Neben dem Kampf gegen den Islamischen Staat, den das Militär trotz des grenznahen Einsatzes mit israelischer Billigung und hohen Verlusten in der Zivilbevölkerung führt, betrachtet Ägyptens Regierung auch die Muslimbruderschaft als Terrororganisation.
Der abgesetzte Präsident Mursi stammte aus ihren Reihen; zudem hat die Organisation vor allem in der Landbevölkerung nach wie vor große Unterstützung. Immer wieder gehen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstrationen vor. Übrigens werden auch säkulare Kritiker mittlerweile als »Terroristen« bezeichnet.
Doch zumindest einen Erfolg glaubt die Bundesregierung erzielt zu haben: Man sei zuversichtlich, dass die deutschen Parteienstiftungen bald wieder in Ägypten die Arbeit aufnehmen können. Seit einem Urteil gegen zwei Mitarbeiter der CDU-Nahen Konrad-Adenauer-Stiftung war ihre Arbeit nur noch sehr eingeschränkt möglich gewesen; Anfang 2016 verließ dann auch die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) Ägypten, nachdem Bemühungen des Auswärtigen Amtes gescheitert waren, eine »annehmbare Arbeitsgrundlage« auszuhandeln, so die Stiftung damals.
Aber: Mit dem NGO-Gesetz sind die Regelungen nun noch restriktiver geworden. Dass deutsche Parteienstiftungen künftig wieder frei werden arbeiten können, ist zweifelhaft.