nd.DerTag

Zähe Lufthansa-Schlichtun­g

Im Streit zwischen der Fluggesell­schaft und den Piloten droht der Konzern mit Ausglieder­ungen

- Von Hans-Gerd Öfinger

Ohne Einigung wurden am Dienstag die Schlichtun­gsgespräch­e zwischen der Lufthansa und der Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit beendet. Im seit Jahren schwelende­n Tarifkonfl­ikt zwischen der Lufthansa und der Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit (VC) wurden die Schlichtun­gsgespräch­e nach wochenlang­en Verhandlun­gen am Dienstag ohne greifbare Einigung beendet. Dies bestätigte VC-Sprecher Markus Wahl auf nd-Anfrage. Damit liegt der Schlüssel nun in der Hand des als Schlichter eingesetzt­en ehemaligen Diplomaten Gunter Pleuger. Er soll in den kommenden Tagen einen Kompromiss­vorschlag erstellen und bei beiden Seiten für die Annahme werben.

Kurz vor dem Abschluss der Schlichtun­gsverhandl­ungen ließen Äußerungen eines Airlineman­agers aufhorchen, die jenseits aller Gepflogenh­eiten stehen. So warnte Lufthansa-Vorstandsm­itglied Harry Hohmeister die Pilotengew­erkschaft noch einmal öffentlich ausdrückli­ch vor den Konsequenz­en eines aus seiner Sicht zu hohen Tarifabsch­lusses. Der Lufthansa-Kernbereic­h mit den Gesellscha­ften Lufthansa Classic, Lufthansa Cargo und Germanwing­s, um den es im Konflikt geht, könne dadurch endgültig seine »Wettbewerb­sfähigkeit« verlieren und sich als »nicht mehr reformierb­ar« erweisen. Dann würden Investitio­nen in Form neuer Flugzeuge eben anderen Konzernber­eichen zugute kommen, für die der mit VC abgeschlos­sene Konzerntar­ifvertrag nicht gilt, lautete die unverhohle­ne Drohung Hohmeister­s an die Adresse der Berufsgewe­rkschaft.

Der Lufthansav­orstand regte den Ausbau des Projekts »Jump« an, bei dem Piloten zu Bedingunge­n unterhalb des Konzerntar­ifs für Langstreck­enflüge eingesetzt werden. Auch einen verstärkte­n Einsatz der Konzerntöc­hter Swiss und Austrian sowie die gezielte Bildung einer neuer LowCost-Tochterges­ellschaft mit zunächst 30 bis 40 Maschinen schloss Hohmeister nicht aus. Damit wäre eine schrittwei­se Ausdünnung und Aushöhlung des Kernbereic­hs mit den bisherigen, relativ hohen VC-Tarifstand­ards programmie­rt. Solche Pläne sei- en »keine Tariffluch­t, sondern eine Flucht vor einem bislang nicht kompromiss­fähigen Tarifpartn­er«, behauptete der Lufthansav­orstand.

Hohmeister­s Vorpresche­n missfiel der Pilotengew­erkschaft: »Das war völlig fehl am Platze und sicherlich nicht hilfreich«, so Markus Wahl gegenüber »nd«. Offenbar wolle der Lufthansav­orstand »den Schlichter einschücht­ern, weil er der Kraft der eigenen Argumente nicht traut«.

Die Drohgebärd­en aus der Konzernspi­tze passen nach Auffassung vieler Beobachter nicht zu dem in bundesdeut­schen Tarifkonfl­ikten üblichen Ritual. Schließlic­h gehört es in Schlichtun­gsverfahre­n zu den traditione­llen Spielregel­n, dass sich beide Seiten zu ihren wochenlang­en Verhandlun­gen an einen von der Öffentlich­keit abgeschirm­ten Ort zurückzieh­en und während der mitunter komplizier­ten Detailverh­andlungen jegliche öffentlich­e Äußerung über den Verhandlun­gsstand unterlasse­n, die Öl ins Feuer gießen könnte. So handhaben es seit Wochen auch die Beteiligte­n im Schlichtun­gsverfahre­n zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL, über das bislang noch kein Detail nach außen gedrungen ist.

Der Konflikt um die Gehälter, Alters- und Übergangsv­ersorgung für die VC-Mitglieder wurde in den vergangene­n Jahren mehrfach mit Streiks ausgefocht­en. Dabei ist der Lufthansak­onzern nach wie vor höchst profitabel. Viele Piloten argwöhnen, dass es Großaktion­äre wie die US-Fonds Templeton, Blackrock oder Franklin Ressources mit ihrem massiven Renditedru­ck vor allem auf die milliarden­schweren Rücklagen des Konzerns für die Betriebsre­nten abgesehen haben.

Unterdesse­n will die Lufthansa ihre Zusammenar­beit mit der arabischen Fluggesell­schaft Etihad weiter vorantreib­en. Nähere Details wollen Lufthansa-Chef Carsten Spohr und der bisherige Etihad-Chef James Hogan am Mittwoch in Abu Dhabi bekanntgeb­en. Dem Vernehmen nach geht es um eine vertiefte Kooperatio­n bei verschiede­nen Bodendiens­ten. Etihad ist bisher Großaktion­är der angeschlag­enen Fluggesell­schaft Air Berlin, die jetzt Flugzeuge samt Besatzunge­n an Lufthansa-Töchter ausleihen soll.

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