Radler, Senioren und Straftäter – welche Vorschläge setzt der Gesetzgeber um?
Ein umfassendes Radwegenetz, ein Veto gegen das geplante Fahrverbot für Straftäter, mehr Verkehrsüberwachung durch die Polizei und vorerst kein Fahrtest für Senioren – das sind einige Empfehlungen des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar an den Gesetzgeber. Am diesjährigen 55. Deutschen Verkehrsgerichtstag (VGT) in Goslar nahmen rund 2000 Juristen, Wissenschaftler und Verkehrsexperten teil. Der VGT unterbreitete einige Empfehlungen an den Gesetzgeber.
Radverkehr: In Deutschland sollten für den zunehmenden Radverkehr überall durchgehende Verkehrsnetze geschaffen werden. Die Infrastruktur für Radfahrer solle »generell einfach, selbsterklärend und si- cher« gestaltet werden und den Standards der Forschungsgesellschaft für Straßenbau- und Verkehrswesen entsprechen. Die Bundesregierung solle sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Kraftfahrzeuge künftig mit Fahrassistenten ausgerüstet werden, die Kollisionen mit Fahrradfahrern verhindern helfen, etwa Abbiegeassistenten bei Lkw oder Notbremsassistenten bei Autos.
Verkehrsüberwachung: Die Polizei soll sich wieder mehr um die Verkehrssicherheit und die Verhinderung von Unfällen kümmern. Dazu sollten die Beamten nicht nur auf der Straße wieder sichtbarer werden, sondern vor allem den Verkehr wieder mehr überwachen. Tempomessungen durch Privatfirmen erteilten die Experten aber eine Absage.
Senioren im Straßenverkehr: Für ältere Autofahrer sollte es vorerst keine verbindlichen Fahreignungstests geben. Es gebe zwar Hinweise darauf, dass ältere Menschen als Kraftfahrer ein zunehmendes Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen. Es fehle aber die Datengrundlage zur Risikoabschätzung. Bis dahin seien Senioren aufgerufen, selbst zu prüfen, ob sie noch Autofahren können. Denkbar seien Fahrten, bei denen ein Fahrlehrer oder Psychologe die Fahreignung auf freiwilliger Basis einschätzt.
Fahrverbot für Straftäter: Das von der Bundesregierung geplante Fahrverbot für Delikte außerhalb des Straßenverkehrs wird vom VGT abgelehnt. Nach einem Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums sollen Straftäter künftig auch den Ent- zug ihres Führerscheins fürchten müssen. Fahrverbote von bis zu sechs Monaten sollen als neue mögliche Sanktion künftig für alle Straftaten verhängt werden können. Dies würde nach Überzeugung des VGT aber zu einer Ungleichbehandlung von Personen mit und ohne Fahrerlaubnis führen. Die Gerichte sollten vielmehr »das Potenzial der Geldstrafe« ausschöpfen.
Unfallursache Smartphone: Die Nutzung von Smartphones und anderen elektronischen Geräten während der Fahrt soll nach dem Willen des VGT »gesellschaftlich geächtet« werden, weil die Gefahren durch Ablenkung allgemein unterschätzt würden. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt der VGT die Einbeziehung des Themas in die schulische Verkehrserziehung, Aufklärungskampagnen und tech- nische Lösungen, die die Nutzung von Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungsmedien durch Fahrer unterbinden. Wer wiederholt bei der Nutzung erwischt wird, sollte zusätzlich zum Bußgeld ein Fahrverbot erhalten und zu einer Schulungsmaßnahme verpflichtet werden.
Abgas-Skandal: Für Käufer der vom Abgas-Skandal betroffenen Fahrzeuge soll es, so der VGT, eine sogenannte Musterfeststellungsklage geben. Betroffene sollen sich diesem Verfahren weitgehend kostenlos anschließen können. Beklagt wird, dass es unterschiedliche Urteile deutscher Gerichte zu möglichen Schadenersatzansprüchen gegen Hersteller oder Händler gibt. Dies habe zu einer großen Unsicherheit der Verbraucher geführt. dpa/nd