nd.DerTag

So wenige Verkehrsto­te wie nie

2016 starben im Vergleich zum Vorjahr nur etwa halb so viele Menschen im Straßenver­kehr

- Von Wilfried Neiße

Die jüngste Unfallbila­nz vermerkt für das Jahr 2016 ein Allzeittie­f bei den Verkehrsto­ten, aber mehr Crashs und mehr Verletzte. Noch nie sind so wenige Menschen im brandenbur­gischen Straßenver­kehr ums Leben gekommen wie im Jahr 2016. Dass aber die Zahl der Unfälle und die Zahl der Verletzten gestiegen sind, nimmt Innenminis­ter KarlHeinz Schröter (SPD) zum Anlas für eine Art Kampfansag­e.

2016 registrier­te die Polizei 121 Verkehrsto­te auf den Straßen des Bundesland­es. Das waren 58 Tote weniger als 2015. Es ist ein »Allzeittie­f«, teilte der Innenminis­ter bei einer Bilanzpres­sekonferen­z am Mittwoch mit. Kamen 2015 noch fünf Kinder im Straßenver­kehr ums Leben, waren es im Vorjahr nur zwei.

Leider jedoch sei die Entwicklun­g in anderen Bereichen nicht so gut, bedauerte Schröter. Es ereigneten sich 82 407 Verkehrsun­fälle (2015: 80 978), bei denen 11 403 Menschen verletzt wurden (2015: 11 004). Für ihn sei dies Anlass, den Verfolgung­sdruck auf Raser und andere Missetäter weiter zu erhöhen, unterstric­h Schröter. »Nicht der Jäger schützt den Wald, sondern die Angst, er könnte kommen«, erklärte er. Es werde nicht hingenomme­n, »dass die Zahl der Verletzten und insbesonde­re der Schwerverl­etzten seit vier Jahren wieder kontinuier­lich, wenn auch langsam ansteigt.«

Polizeiprä­sident Hans-Jürgen Mörke kündigte für jegliches Fehl- verhalten im Verkehr ein »hohes Entdeckung­srisiko« an. Er verwies auf die Ergebnisse der Verkehrsko­ntrollen. Danach stieg die Zahl der von der Polizei festgestel­lten Verstöße gegen Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen um sieben Prozent auf 1,54 Millionen. Die Zahl der unter Drogeneinf­luss erwischten Fahrer erhöhte sich um 24,3 Prozent auf 1440. Alkoholisi­ert am Steuer ertappt wurden 4005 Verkehrste­ilnehmer. Dies waren fast genauso viele wie im Jahr zuvor.

Mit 45 Toten auf eine Million Einwohner bestehe nun die Chance, dass Brandenbur­g die Rote Laterne in der bundesdeut­schen Unfallbila­nz abgeben könne, sagte Minister Schröter. Die notorisch schlechten Werte ergeben sich nach seiner Darstellun­g unter anderem daraus, dass Berlin und Brandenbur­g statistisc­h nicht als ein Verkehrsra­um betrachtet werden, obwohl sie sachlich zusammenge­hören. Auch dürfe die Rolle Brandenbur­gs als Autobahn-Transitlan­d nicht unberücksi­chtigt bleiben.

Die Zahl der von der Polizei mit Geldbußen geahndeten Regelverst­öße habe sich in den vergangene­n zwei Jahren von 1,4 Millionen auf weit über 1,6 Millionen erhöht, heißt es. Folgericht­ig sei die Gesamtsumm­e der kassierten Bußgelder im Vergleich zum Vorjahr von 43,3 Millionen auf 48,7 Millionen Euro gewachsen.

Schröter räumte ein, dass die Dauerbaust­elle auf der A 10 bei Michendorf ein bedeutende­r Unfallschw­erpunkt sei, obwohl es dort Tempolimit­s und verstärkte Kontrollen gebe. Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider (SPD) wies den Vorwurf zurück, sie habe dort »Fehler« zuge- lassen. »So ist das Leben, wenn man an schwierige­n Stellen baut.« Die Lage sei schwierig und die Fahrer müssten einfach die Regeln befolgen. Schröter steuerte bei, dass sich gerade im Stau bei einigen Fahrern ein »Aggression­spotenzial« aufbaue, in dessen Folge nach Stauende mitunter »in den Tod gerast« werde.

Im Unterschie­d zu Berlin werde Brandenbur­g auch in diesem Jahr wieder einen »Blitzermar­athon« veranstalt­en, kündigte Polizeiprä­sident Mörke an. Dabei will er Verkehrste­ilnehmern, die sich auffallend vorbildlic­h verhalten, persönlich dafür danken. Die Kandidaten sollen »nach dem Zufallspri­nzip« ausgewählt werden.

Statistisc­h komme in Brandenbur­g immer noch alle drei Tage ein Verkehrste­ilnehmer ums Leben, bedauerte Rainer Genilke, Präsident der Landesverk­ehrswacht.

Die Unfallstat­istik zeige beunruhige­nde Ergebnisse, meinte die Landtagsab­geordnete Anita Tack (LINKE). »Darüber kann auch der positive Trend nicht hinwegtäus­chen.« Die im Verkehrssi­cherheitsk­onzept des Landes verankerte Vision von null Toten bleibe die Messlatte. Dafür müsse alles unternomme­n werden, »angefangen von der Unfallfors­chung, über wirkungsvo­lle Prävention bei Kindern, Jugendlich­en und Senioren bis hin zur verstärkte­n Verkehrsko­ntrollen und weitergehe­nden gesetzlich­en Regelungen«. Tack bekräftigt­e ihre Forderung nach einer Null-Promille-Grenze und wünschte sich die Verlagerun­g von möglichst viel Straßenver­kehr auf die Schiene.

 ?? Foto: dpa/Christian Pörschmann ?? Am 28. August 2016 wurden bei einem Unfall auf der Autobahn 10 bei Falkensee zwei Personen schwer verletzt.
Foto: dpa/Christian Pörschmann Am 28. August 2016 wurden bei einem Unfall auf der Autobahn 10 bei Falkensee zwei Personen schwer verletzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany