EU und Flüchtlinge
La Stampa, Italien Durchbruch täte Europa gut
Italien hat gestern vom libyschen Präsidenten erstmals das Zugeständnis erhalten, dass das Land den Flüchtlingsstrom unter Kontrolle bringen will. ... Fajes as-Sarradsch hat Italien um Hilfe auf libyschem Territorium gebeten und sich damit der Gefahr ausgesetzt, heimlicher postkolonialer Absprachen bezichtigt zu werden. Italien wird ihm die Hilfe nicht verweigern, doch braucht es Europa an seiner Seite. ... Für die EU steht ihre Glaubwürdigkeit nicht nur in der Migrationsfrage, sondern auch bezüglich der Stabilität und Sicherheit des Mittelmeers auf dem Spiel.
Jyllands-Posten, Dänemark Ohne Lösung für Flüchtlinge kann EU einpacken
Die Einwanderung zu meistern, kann entscheidender für die Zukunft der EU sein als Trumps mangelndes Engagement (in Europa). ... Wenn Europa stark genug werden will, um auf eigenen Beinen zu stehen, sind die Führer der EU gezwungen, eine Lösung zu finden, die zum Teil eine Stärkung der äußeren Grenzen sowie ein gemeinsames Agieren für die sich bereits in Europa befindlichen Migranten beinhaltet. Wenn ihnen das nicht gelingt, wenden sich die Wähler von Europa ab. Putin wird sich freuen und Donald Tusk kann sein Büro schließen. Das war’s dann.
Večer, Slowenien Menschenrechte fallen wie Dominosteine
Die EU funktioniert, solange die Mitglieder, vor allem die größten und stärksten, vom gemeinsamen Wirtschaftsraum einen Vorteil haben. Sobald die Staaten die Last in der Bewältigung von Krisen teilen müssen, kennt die EU keine Gnade oder Solidarität mit den Ländern der Peripherie. Die am stärksten betroffenen Länder der Peripherie können nur damit rechnen, ein wenig Kleingeld dafür zu erhalten, dass sie das Problem, in dem Fall die Flüchtlinge, bei sich behalten. So sind Italien, Griechenland und einige Länder entlang der Balkanroute der Gnade und Ungnade der Entwicklung der Ereignisse ausgesetzt. ... Solange das so ist, werden die Errungenschaften der Zivilisation im Bereich der Menschenrechte auf europäischem Boden wie Dominosteine fallen.
The Malta Independent, Malta Schnapsidee
Die Möglichkeit, dass die EU ernsthaft erwägen könnte, Migranten nach Libyen zurückzuschicken, ist angesichts der Menschenrechtsverletzungen, die dort drohen, ein echter Grund zur Sorge. Der Vorschlag, dass sich die EU vor der Umsetzung internationalen Rechts drücken und Menschen nach Libyen zurücksenden könnte, wo ihnen Misshandlung droht, ist eine Schnapsidee. Selbst wenn eine rechtliche Begründung für die Rückführung gefunden werden könnte, wäre das nichtsdestotrotz eine grobe Verletzung des Anstands und würde genau jene Werte verraten, auf denen die EU selbst errichtet wurde.
De Volkskrant, Niederlande EU braucht Band mit Afrika
Libyen ist ein scheiternder Staat ohne zentrale Autorität, in dem sich Milizen einander bekämpfen. ... Ohne eine wirksame Bewachung der europäischen Südgrenze wird es der EU nicht gelingen, die Migrationsströme zu beherrschen. ... Die EU will eine umfassende Afrikapolitik initiieren, um die Ursachen der Wirtschaftsmigration mit Hilfe eines gut gefüllten Afrikafonds zu bekämpfen. ... Zu guten Beziehungen zu Afrika gehört außerdem, dass es Zugang bekommt zum europäischen Agrarmarkt. EU-Blockaden müssen abgebaut werden. Wenn das auf Malta verwirklicht wird, wäre das ein echter Durchbruch.
Corriere della Sera, Italien Berlin lässt Süden links liegen
Das Mittelmeer ist für Deutschland offenbar eher ein lästiges Hindernis auf seinem Triumphmarsch durch die Wirtschaft. ... Deutschland hat absolut kein Verständnis für die Rolle des Mittelmeers und ist dabei nicht frei von einer gewissen anthropologischen Verachtung; es ist unfähig, zu begreifen, welche entscheidende Bedeutung der geopolitische Meeres-Limes für das kulturell-historische Fundament Europas besitzt. ... Und genau deshalb kann Deutschland nicht der wahre Motor der EU werden.