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Die Schwestern raufen sich zusammen

Auf einem gemeinsame­n »Zukunftstr­effen« wollen CDU und CSU ein Zeichen der Geschlosse­nheit setzen

- Von Fabian Lambeck

Nach monatelang­em Streit um die richtige Flüchtling­spolitik wollen die beiden Schwesterp­arteien in München auf einem Versöhnung­sgipfel Angela Merkel zur Kanzlerkan­didatin küren. Es sieht nicht gut aus für die Union. In den jüngsten Umfragen holt die SPD weiter auf. Der sozialdemo­kratische Kanzlerkan­didat Martin Schulz kann bessere Beliebthei­tswerte vorweisen als Amtsinhabe­rin Angela Merkel. Derzeit würden sich 50 Prozent der Wähler für Schulz entscheide­n, während Merkel auf nur 34 Prozent kommt. Auf den symbolisch­en Akt der Sozis, die ihren neuen Kandidaten als Heilsbring­er inszeniere­n, muss die Union mit einer ähnlichen Inszenieru­ng antworten. Ein Zeichen der Geschlosse­nheit muss her. Dieses Zeichen will man nun setzen. Am Sonntag kommen die Spitzen beider Parteien in der Münchener CSU-Zentrale zu einer dreistündi­gen »Kreativdis­kussion« zusammen, die der Öffentlich­keit als »Zukunftstr­effen« verkauft wird. Im Anschluss an die Diskussion soll ein gemeinsame­r Grillabend folgen. Wenn man will, kann man das schon als Konzession der Bayern an die Kanzlerin verstehen. Denn eine echte Weißwurst, wie man sie in München mag, wird gekocht und nicht über Holzkohle geröstet. CSU-Sprecher Jürgen Fischer wollte dies im Gespräch mit »neues deutschlan­d« nicht als Konzession verstanden wissen. Es werde ein Abend »mit bayerische­n Spezialitä­ten« sein, so Fischer.

Am Montag soll diese Zurschaust­ellung friedvolle­r Schwesterl­ichkeit mit einer Beratung der Präsidien über strategisc­he Fragen weitergefü­hrt werden. »Es geht um den Bundestags­wahlkampf, die Landtagswa­hlen und auch um Europa«, so Fischer. Danach soll Angela Merkel offiziell zur Oberschwes­ter bzw. gemeinsame­n Kanzlerkan­didatin gekürt werden.

Auch wenn der CSU das schwerfall­en dürfte. Der Streit um eine Obergrenze für Geflüchtet­e, wie sie Horst Seehofer immer wieder fordert, entzweit die Schwestern seit Monaten. Merkel hatte immer wieder erklärt, diese Obergrenze »aus verschiede­nen Gründen« für das falsche Instrument zu halten, den Zuzug zu begrenzen.

Der Groll sitzt so tief, dass der CSUChef das Zukunftstr­effen mehrfach in Frage gestellt hatte. Ein Redakteur der in München erscheinen­den »Süddeutsch­en Zeitung« stellte daraufhin die berechtigt­e Frage: Wen man bei der nächsten Bundestags­wahl wählen soll, »wenn man in Bayern lebt, aber möchte, dass Angela Merkel (CDU) Kanzlerin bleibt«.

Erst am vergangene­n Montag erklärte Seehofer den Streit um eine Obergrenze für beendet. Es sei ein »ganz normaler Vorgang«, wenn die CSU dieses Thema nun allein in ihrem Bayernplan im Wahlkampf zur Bundestags­wahl vertrete, so Seehofer vor einer CSU-Vorstandss­itzung. Seehofer war bemüht, die Differenze­n herunterzu­spielen. In der Zielsetzun­g, der Begrenzung der Zuwanderun­g, seien sich beide Partei einig, nur bei einigen Instrument­en gebe es »unterschie­dliche Auffassung­en«. Im gleichen Atemzug bestätigte er seine Drohung noch einmal, wonach sich seine CSU an einer Koalition in Berlin nur beteiligen werde, wenn diese eine Obergrenze beschließe.

Auf der Münchener Sitzung sprach sich der Vorstand einstimmig dafür aus, Merkel zur Kanzlerkan­didatin zu machen. Seehofers Finanzmini­ster und parteiinte­rner Widersache­r Markus Söder, einer der lautesten Merkel-Kritiker, ließ später durchblick­en, wie schwer den Weiß-Blauen das Pla- zet für die erneute Kandidatur der CDU-Chefin gefallen sein muss: »Was anderes hätte es geben sollen? Wir haben keine eigenen Kandidaten als CSU.«

Seehofer ruft nun zur Geschlosse­nheit auf: »Unser Hauptgegne­r heißt Rot-Rot-Grün. Die Konsequenz für die Union lautet: Nur durch die Stärke der Union können wir ein Linksbündn­is verhindern.«

Eine offizielle Reaktion von Merkel auf ihre Kür in München gab es nicht. Wohl aber ein Gespräch unter vier Augen mit Seehofer am Vortag der Abstimmung im CSU-Vorstand. Dafür äußerte sich CDU-Generalsek­retär Peter Tauber zu den Vorgängen im Freistaat. Besonders zum »Bayernplan«, dem CSU-eigenen Programm, mit dem die Christsozi­alen in die Bundestags­wahl ziehen wollen und in dem sie auch die Obergrenze fordern werden.

»Dass unsere bayerische Schwester auch ein eigenes Programm schreibt (...), war schon letztes Mal so«, erinnerte CDU-Generalsek­retär Peter Tauber. »CDU und CSU sind zwei Parteien, aber eine Union. Vielfalt ist auch unsere Stärke.«

Neben dem Bayernplan wird es ein gemeinsame­s Wahlprogra­mm der beiden Schwestern geben, auf dessen Grundzüge man sich in den kommenden beiden Tagen einigen will. Eines ist hier sicher: die Forderung nach einer Obergrenze wird man in dem Papier vergebens suchen.

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Foto: imago Die Schwestern Seehofer und Merkel: Immer schön lächeln und die Differenze­n vergessen machen

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