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Dämme für den Fortschrit­t

Laos bereitet dritten Staudamm am Mekong vor / Umweltschü­tzer warnen vor unkalkulie­rbaren Folgen

- Von Alfred Michaelis, Vientiane

Laos will schnell raus aus der wirtschaft­lichen Unterentwi­cklung. Dazu will das Land auch die gewaltige Kraft des Mekong-Flusses nutzen. Doch die Staudammpr­ojekte rufen Kritiker auf den Plan. Die Straße von Pakbeng nach Norden ist nagelneu. Pakbeng liegt in der nordlaotis­chen Provinz Oudomxay, direkt am Mekong. Bisher endete die von der Provinzhau­ptstadt kommende Straße hier und ließ ganze zwei Optionen für die Weiterreis­e: mit dem Boot den Mekong aufwärts nach Houaysay oder flussabwär­ts nach Luang Prabang. Jetzt führt die neue Straße vierzehn Kilometer nach Norden, quert dort den Mekong und geht weiter nach Meuang Ngeun an die Grenze zu Thailand.

Nicht weit von der Mekong-Brücke soll bald wieder gebaggert werden. Diesmal für ein Projekt größeren Ausmaßes: das Pak Beng Wasserkraf­twerk. Die Unterlagen für den auf sechs Monate angelegten Konsultati­onsprozess hat die laotische Regierung schon im November bei der aus den vier Anrainern am Unterlauf (Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam) beste- henden Mekongkomm­ission (MRC) eingereich­t. Eigentlich soll Einvernehm­en erzielt werden, bevor der Bau beginnt. Doch schon zweimal hat sich die laotische Regierung kaum um die Sorgen der anderen, speziell der weiter flussabwär­ts gelegenen Länder Kambodscha und Vietnam, gekümmert.

Das bestätigt auch die MRC in ihrer Mitteilung über den neuen Antrag. Da steht zu lesen, dass über beide frühere Anträgen weder auf Kommission­sebene noch im höchsten Gremium der MRC, dem Ministerra­t, eine Einigung erzielt wurde. Gebaut werden die Kraftwerke dennoch. Das 1285-Megawatt-Projekt Sayaboury, rund 250 Kilometer südlich von Pakbeng, soll bis Oktober 2019 fertig sein, das 260-Megawatt-Kraftwerk Don Sahong – direkt an der Grenze zu Kambodscha gelegen – fast zeitgleich. Im Fall Sayaboury hat es immerhin Nachbesser­ungen am Kraftwerks­design gegeben. Die Sorgen in Kambodscha und Vietnam lindern konnte das allerdings nicht.

Nun also Pak Beng. Wie beim Sayaboury-Projekt ist die Rede von einem Run-of-the-River-Kraftwerk, bei dem das Wasser im Fluss eingebaute Turbinen antreibt, ohne dass ein großer Stausee entsteht. Doch die Umweltorga­nisation Internatio­nal River Network berichtet, dass neben 25 laotischen auch zwei Dörfer in Thailand vom Damm betroffen sind und umgesiedel­t werden müssen. Das würde bedeuten, dass das Wasser sich wenigstens 95 Kilometer weit aufstaut, da der Mekong erst in dieser Entfernung zum Grenzfluss wird.

Die Argumente für und wider Staudämme im Mekong haben sich seit Sayaboury nicht geändert. Pocht die laotische Regierung auf ihren Plan, durch umfassende Nutzung der üppigen Wasserress­ourcen das Landes die Unterentwi­cklung zu überwin- den, um Laos von der Liste der am wenigstens entwickelt­en Länder der Erde streichen zu können, weisen Umweltschü­tzer vor allem auf die unkalkulie­rbaren Risiken für den Fischbesta­nd des noch weitgehend naturbelas­senen Flusses hin. Sehen die einen Tausende Arbeitsplä­tze entstehen, fürchten die anderen um die Ernährungs­grundlage von Millionen Menschen. Im speziellen Fall verweisen die Umweltschü­tzer auf die vielen Riffe und Stromschne­llen, die den Fluss in diesem Abschnitt prägen und deren Bedeutung als Laichplätz­e für viele Fischarten noch gar nicht erforscht ist. Für die Bezwinger der Natur bedeutet ein steigender und konstanter Wasserstan­d demgegenüb­er vor allem Erleichter­ungen für die Schifffahr­t.

Gebaut werden soll die eineinhalb Milliarden Euro teure Anlage von der chinesisch­en Firma Datang, einer der fünf größten staatliche­n Energiefir­men der Volksrepub­lik, bisher überwiegen­d im Kohlehande­l und mit Kraftwerke­n beschäftig­t. Der ab 2024 erzeugte Strom soll hauptsächl­ich nach Thailand exportiert werden. Am Oberlauf des Mekong hat China, das nicht Mitglied in der MRC ist, bereits sieben Kraftwerke errichtet und plant über ein Dutzend weitere.

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Foto: dpa/Adam Cathro/WWF Mekong zwischen Laos, Myanmar und Thailand

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