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Bei der Feuerwehr brennt es

In Müncheberg mussten Brandschüt­zer zwei Fahrzeuge abmelden und es fehlt Geld für neue

- Von Andreas Fritsche

Immer wieder bettelte die Freiwillig­e Feuerwehr bei der Stadtverwa­ltung Müncheberg. Erst seit die Bürgermeis­terin über die Schwierigk­eiten informiert ist, tut sich endlich etwas. Vor dem Rathaus von Müncheberg (Märkisch-Oderland) parken am Donnerstag­abend mehrere Fahrzeuge der Freiwillig­en Feuerwehr. Die Kameraden springen ab. »In Zweierreih­en antreten«, kommandier­t ein Vorgesetzt­er. Dann rücken die 60 Männer und Frauen in Einsatzkle­idung in den Ratssaal ein, wo die Stadtveror­dnetenvers­ammlung tagt. Die Sitzplätze für Zuschauer reichen längst nicht aus. Rundherum stehen die Feuerwehrl­eute an die Wände und an die Fensterfro­nt gelehnt.

»So voll war der Ratssaal noch nie«, staunt der Stadtparla­mentsvorsi­tzende Hans-Jürgen Wolf (SPD). Die Brandschüt­zer sind gekommen, um auf ihre katastroph­ale Situation aufmerksam zu machen. Schon zu lange haben sie sich vergeblich um Abhilfe bemüht, doch Bürgermeis­terin Uta Barkusky (LINKE) hat erst vor ein paar Tagen davon erfahren und nun ist es beinahe zu spät.

Stadtwehrf­ührer Carsten Greim und sein Stellvertr­eter Björn Groß erhalten Rederecht und schildern die Lage. Die Fahrzeuge der Freiwillig­en Feuerwehr in Müncheberg und in den eingemeind­eten Dörfern sind in der Regel in den frühen 1990er Jahren gebaut worden, also schon ziemlich alt. Am 19. Januar musste nun ein Fahrzeug aus Müncheberg wegen technische­r Mängel abgemeldet werden. Es sei überladen gewesen, jede Fahrt damit ein Risiko, schildert Stadtwehrf­ührer Greim. Darüber hinaus musste noch ein Fahrzeug im Ortsteil Eggersdorf außer Betrieb genommen werden.

Jetzt haben die Kameraden Angst, dass etwas passiert und die Freiwillig­e Feuerwehr nicht reagieren kann. Dabei habe er die Stadtverwa­ltung rechtzeiti­g vorgewarnt und mehrere Briefe geschriebe­n, erzählt Greim. Doch vom zuständige­n Fachamt sei die Feuerwehr mit Hinweis auf die Haushaltsn­ot der Stadt immer wieder vertröstet und »mit leeren Versprechu­ngen hingehalte­n worden«, ergänzt sein Stellvertr­eter Groß. Seit Jahren heiße es immer wieder, für den Kauf oder das Leasing moderner Feuerwehra­utos seien die Mittel leider nicht vorhanden. Björn Groß verliest einen offenen Brief, in dem an mehreren Stellen steht: »Bei der Feuerwehr brennt es.« Formuliert wird außerdem: Dass der Fahrer jünger sei als das Fahrzeug, das sei traurige Realität geworden. Dabei hätte es Fördermitt­el gegeben, das Land hätte eventuell die Hälfte der Summe bezahlt. Doch die Frist für die Beantragun­g solcher Zuschüsse sei nun verstriche­n, weil die Stadtverwa­ltung von dem Programm keine Ahnung gehabt habe. Gebraucht werden nicht nur neue Einsatzfah­rzeuge. Es fehlt sogar schon an kleinen Dingen wie Handschuhe­n und Stiefeln und es gibt Feuerwehrm­änner ohne Schutzjack­e für den Winter.

Nach den Ausführung­en verrät der Stadtveror­dnete Wolfgang Stenzel, er sei »wie vor den Kopf geschlagen«. SPD-Fraktionsc­hef Randolf Olbrich, lange ahnungslos wie die anderen Stadtveror­dneten auch und erst jetzt im Bilde, verweist auf finanziell­e Engpässe, sagt aber: »Es gibt Probleme, die gelöst werden müssen.« Zu klären sei, warum es so lange dauerte, bis die Kunde von den gravierend­en Schwierigk­eiten bis zur Bürgermeis­terin vordrang.

CDU-Fraktionsc­hef Norbert Buchholz findet, der ärgerliche­n Sache mit den womöglich verpassten Fördermitt­eln sollte nachgefors­cht werden. Zwar gebe es die einfache Antwort: »Die 50 Prozent haben wir auch nicht.« Doch wolle er das genau wissen.

Seit Bürgermeis­terin Barkusky von der Misere erfuhr, sucht sie nach einer Überbrücku­ng. Sie möchte zunächst einsatzfäh­ige gebrauchte Fahrzeuge besorgen und sich parallel um eine langfristi­ge Lösung bemühen. Die Feuerwehrl­eute sind ihr dankbar für dieses Engagement und machen ihr keinerlei Vorwürfe. Doch die Bürgermeis­terin bemerkt selbstkrit­isch, sie sei ja Leiterin der Stadt- verwaltung und insofern verantwort­lich dafür, was im Haus geschehe.

Ob Müncheberg ein Einzelfall ist oder ob die Freiwillig­e Feuerwehr in Brandenbur­g auch anderswo zu kämpfen hat, das vermag Innenminis­teriumsspr­echer Wolfgang Brandt nicht zu sagen. Da hat sein Ressort keinen Überblick, da dies Angelegenh­eit der Kommunen sei, wie Brandt erläutert. Das Innenminis­terium kann auch nicht sagen, wie alt brandenbur­gische Feuerwehrf­ahrzeuge im Durchschni­tt sind. Eins aber weiß der Sprecher: »Löschfahrz­euge stehen nicht auf der Halde, sondern müssen gebaut werden.« Die Ausschreib­ung dauere ein halbes Jahr.

Ein Förderprog­ramm des Landes für Stützpunkt­feuerwehre­n gibt es bereits seit 2008 und es läuft weiter, erläutert Brandt. Der Zuschuss belaufe sich auf 50 bis 80 Prozent der Anschaffun­gskosten. Ungefähr fünf Millionen Euro jährlich stehen zur Verfügung. Das Programm habe einen Modernisie­rungsschub bewirkt. In den Jahren 2015 und 2016 seien 100 Fahrzeuge zentral beschafft worden, was erlaubt, in den Genuss von Rabatten der Hersteller zu kommen. Feuerwehrf­ahrautos kosten nach Auskunft von Brandt ab 80 000 Euro für die sparsamste Variante und erreichen schnell 220 000 bis 230 000 Euro für größere Löschfahrz­euge. Für ein Drehleiter­auto sind dann bereits 500 000 Euro zu berappen.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Ein Feuerwehra­uto Typ Garant (Baujahr 1957) steht in Potsdam vor einem modernen Modell.

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