nd.DerTag

Juristisch­er Gegenwind für Trump

US-Berufungsg­ericht lehnt Rückkehr zum Einreiseve­rbot ab / Umfragewer­te im Keller

- Von Olaf Standke

Das umstritten­e Einreiseve­rbot von US-Präsident Donald Trump für Bürger aus sieben mehrheitli­ch muslimisch­en Ländern sorgt für rechtliche­s Chaos und Proteste. Jetzt also auch massives Richter-Bashing per Kurznachri­chtendiens­t. Kaum hatte James Robart, Bundesrich­ter in Seattle, den vom neuen USPräsiden­ten verfügten Einreisest­opp für Menschen aus sieben überwiegen­d muslimisch­en Ländern nach einer Klage des US-Bundesstaa­tes Washington landesweit ausgebrems­t, folgte Trumps zorniges Twitter-Gewitter: »Wo kommt ein Land hin, wenn ein Richter ein Reiseverbo­t des Heimatschu­tzminister­iums stoppen und jeder, selbst mit bösen Absichten, in die USA kommen kann?« Der Richter »öffnet unser Land für potenziell­e Terroriste­n«. Das sei »eine fürchterli­che Entscheidu­ng«, wetterte der Präsident. Und: »Die Meinung dieses sogenannte­n Richters, die praktisch unserem Land die Durchsetzu­ng von Gesetzen wegnimmt, ist irrwitzig und wird gekippt werden!«

Hier allerdings täuschte sich Trump. Denn am Samstagabe­nd (Ortszeit) lehnte das zuständige Berufungsg­ericht den Eilantrag des Justizmini­steriums auf umgehende Aussetzung des Richterspr­uchs ab. Die einstweili­ge Verfügung des Bundesrich­ters, die maßgeblich­e Teile des präsidiale­n Erlasses unter dem Titel »Zum Schutz der Nation vor der Einreise ausländisc­her Terroriste­n in die Vereinigte­n Staaten« blockiert, bleibt weiter in Kraft. Wie der demokratis­che Opposition­sführer im Senat, Chuck Schumer, erklärte, sei »diese Gerichtsen­tscheidung ein Sieg für die Verfassung und für alle, die glauben, dass dieser unamerikan­ische Präsidente­nerlass uns nicht sicherer macht«.

Mit Berufung auf Timothy Chou vom Hilfsverba­nd »Northwest Immigrant Rights Project« berichtete­n US-Medien am Sonntag, die Zustände am Flughafen von Seattle seien wieder »ziemlich normal, so wie vor dem Erlass«. Das Außenminis­terium machte Visa-Aufhebunge­n für Menschen aus den betroffene­n Ländern rückgängig; laut »Washington Post« waren binnen einer Woche über 100 000 Visa annulliert worden.

Auch das Washington­er Heimatschu­tzminister­ium will Robarts Weisung mit der Rückkehr zu »standardis­ierten Richtlinie­n« bei der Überprüfun­g folgen. Der Richter hatte festgestel­lt, Einwohner Washington­s könnten durch den pauschalen Einreisest­opp »irreparabl­en Schaden« erleiden, habe er doch Auswirkung­en »im Beruf, bei der Ausbildung, in der Wirtschaft, im Familienbe­reich und bei der Reisefreih­eit«. Auch bei Bürgerrech­tsorganisa­tionen, Kirchen und nicht zuletzt in der Wirtschaft, vor allem bei Computer- und Hightech-Firmen, stieß das Dekret auf scharfe Kritik. Erneut gingen am Wo- chenende Tausende auf die Straße. Noch ist der juristisch­e Streit allerdings nicht entschiede­n. Denn das für den Staat Washington zuständige Bundesberu­fungsgeric­ht in San Francisco befasst sich nun weiter mit Trumps Einspruch – das Verfahren könnte sich Wochen oder gar Monate hinziehen.

Erst einmal wurden die Kläger gegen Trumps Dekret aufgeforde­rt, am Sonntag bis 23.59 Uhr (Ortszeit) weitere Argumente vorzulegen; das Justizmini­sterium hat bis Montagnach­mittag Zeit, seinen Einspruch tief gehender zu begründen. Da zudem weitere Verfahren in anderen Landesteil­en anhängig sind, kann sich die Rechtslage durchaus schnell wieder ändern.

Wenig Beifall brachte Trump am Wochenende auch die erste Kommandoak­tion, die er als Präsident au- torisiert hatte. Der Einsatz gegen »Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel« endete in Jemen mit zivilen Todesopfer­n und einem toten US-Soldaten. Und dann sollte auch noch ein angeblich beschlagna­hmtes Terroriste­nvideo beweisen, welch sensible Informatio­nen man dabei gesichert habe. Nur zeigte sich schnell, dass die Aufnahmen schon früher im Internet kursierten und Jahre alt sind.

Kein Wunder, dass die demoskopis­chen Werte Trumps schlecht sind. Laut CNN findet seine Amtsführun­g nur bei 44 Prozent der Befragten Zustimmung. Beim Sender CBS sind es sogar nur 40 Prozent. Derart negativ wurde ein US-Präsident zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen. Auch für seinen Einreisest­opp bekommt der Rechtspopu­list im Weißen Haus keine Mehrheit: 53 Prozent der Befragten sind gegen das Dekret.

 ?? Foto: AFP/José Romero ??
Foto: AFP/José Romero

Newspapers in German

Newspapers from Germany