nd.DerTag

Farben des Todes

-

Wie fühlt man sich so als Abschieber, fragt René Heilig

Orange bedeutet tot. Blau steht für verletzt. Grün ist die Addition aus beiden. Es geht um Kinder. 923 starben im vergangene­n Jahr, 2589 wurden verletzt, verstümmel­t, gezeichnet für ihr Leben. Und es geht um ein Land, das 5000 Kilometer vom unsrigen entfernt ist: Afghanista­n.

Die Zahlen der toten und verletzten Zivilisten, die die UNAMA-Mission Jahr um Jahr in Diagramme fasst, sind vor allem deshalb so quälend, weil die Kurve stetig nach oben geht. Schon lange versucht sich die sogenannte internatio­nale Gemeinscha­ft, die den nimmer ruhenden Bürgerkrie­g am Hindukusch durch die Entsendung von Truppen noch angeheizt hat, sich nicht mehr herauszure­den, man habe Mädchen den Schulbesuc­h ermöglicht und Abwasserbe­cken gebaut. Jetzt geht es nur noch ums pure Überleben. Das ist Glückssach­e, denn die Taliban und andere Terrorgrup­pen operieren landesweit. Was immer das Bundesinne­n- und das Außenminis­terium sagen: Es gibt keine sicheren, geschweige friedliche­n Regionen mehr in Afghanista­n.

Auf nd-Anfrage hieß es gestern aus Bayern: Wenn eine »Vollziehba­rkeit« vorliege, werde abgeschobe­n – Männer, Frauen, Kinder. Man richte sich da nach den Vorgaben des Bundes.

Wie fühlt sich jemand, der vom Berliner Schreibtis­ch aus sichere afghanisch­e Gebiete festlegt? Und kann jemand, der Namen auf die Abschiebel­isten schreibt, nach Feierabend unbeschwer­t mit seinen lachenden Kindern spielen? Orange bedeutet Tod ...

Newspapers in German

Newspapers from Germany