nd.DerTag

Gefangener des Vatikans

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Ingolf Bossenz über Zeichen der Ökumene im 500. Jahr der Reformatio­n

Mit einer Deutlichke­it, die für Zweifel keinen Raum lasse, werde »hier dem Prinzip eines Umgangs par cum pari, also von gleich zu gleich, eine Absage erteilt«. So steht es in einer Stellungna­hme der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD) vom September 2000. Anlass für die harsche Schelte war die Veröffentl­ichung der vatikanisc­hen Erklärung »Dominus Iesus«. Darin wird den Kirchen der Reformatio­n bescheinig­t, sie seien »nicht Kirchen im eigentlich­en Sinn«. Womit sich der berühmte Satz des heiligen Cyprian von Karthago († 258) definitiv einzig auf die katholisch­e Kirche bezieht: Extra ecclesiam salus non est. Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil.

An dieser römischen Sicht, die seit dem 15. Jahrhunder­t (also vor der Reformatio­n) dogmatisch ist, änderten weder die Glaubensum­wälzung im Gefolge Luthers, Calvins et al. noch die fromme Freundlich­keit des aktuellen Papstes auch nur ein Jota. Das wussten natürlich beide Seiten, als Franziskus am Montag eine hochrangig­e Delegation der EKD im Vatikan empfing. Im 500. Jubiläumsj­ahr des Thesenansc­hlags ist die Hoffnung auf ein ökumenisch­es Zeichen aus Rom groß. Und der Papst aus Lateinamer­ika spart auch hier nicht mit guten, gleichwohl dehnbaren Worten. Wie bei seinem zaghaften, vage gehaltenen Vorstoß zum Umgang mit wiederverh­eirateten Geschieden­en. Denn wie jeder Papst ist Franziskus ein Gefangener des Vatikans.

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