Trump bekennt sich zur NATO
Europäer weiter skeptisch
Am Sonntagnachmittag sind auf dem lettischen Militärstützpunkt Adazi 225 Soldaten einer US-Panzerbrigade eingetroffen, wie die Agentur Leta berichtete. Sie lösen den bisherigen Truppenverband ab, der im Rahmen einer US-Operation zu Übungszwecken in das baltische NATO-Land verlegt worden war. Erklärtes Ziel von »Atlantic Resolve« ist es, die östlichen Pakt-Staaten, die an Russland grenzen und sich seit Ausbruch der Ukraine-Krise um ihre Sicherheit sorgen, zu unterstützen. Noch vor ein paar Wochen hatte Donald Trump solche Hilfe und gleich das ganze westliche Militärbündnis in Frage gestellt – es sei obsolet, also überflüssig, überholt, veraltet. Als der US-Präsident am Sonntagabend mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg telefonierte, war davon nichts mehr zu hören, wie die Allianz später wissen ließ. Trump habe sich zur NATO bekannt und für Ende Mai erstmals ein Treffen mit den Verbündeten in Brüssel angekündigt. Das Weiße Haus bestätigte die »starke Unterstützung« für das Bündnis.
Die neue Tonlage deutete sich schon an, als Trump am Sonnabend mit dem italienischen Mi-
»Wer weiß, was der US-Präsident wirklich in Hinsicht auf die transatlantische Allianz und die Lastenteilung will.« Frankreichs Präsident François Hollande
nisterpräsidenten Paolo Gentiloni sprach. Der neue Verteidigungsminister James Mattis hatte die Bedeutung der NATO für die Vereinigten Staaten ohnehin stets hervorgehoben und keine Gelegenheit ausgelassen, um das Bekenntnis Washingtons zum Bündnis zu bekräftigen. Der Ex-General bekleidete in der Allianz von 2007 bis 2009 den Spitzenposten des in den USA stationierten Supreme Allied Commander Transformation (SACT), der für die Reform des Bündnisses zuständig ist.
In einem Punkt allerdings war er sich mit seinem nationalen Oberkommandierenden Trump immer einig: Die anderen Mitgliedstaaten müssten sich stärker an den militärischen Lasten beteiligen. Mit Stoltenberg habe der Präsident jetzt auch erörtert, wie man alle in der Allianz »ermuntern« könnte, ihren Pflichten bei der Aufrüstung nachzukommen. Seit Jahren ist es NATO-Ziel, dass die Pakt-Staaten zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in den Verteidigungsetat stecken. Diese Vorgabe erfüllen neben den USA bisher nur vier europäische Mitglieder. Hierzulande liegt der Anteil bei knapp 1,2 Prozent. Im Wahlkampf hatte der Milliardär sogar die Beistandsgarantie für solche Länder in Frage gestellt, die nicht genug in Rüstung und Soldaten investieren.
Für viele europäische Staaten Grund genug, misstrauisch zu bleiben. Frankreichs Präsident François Hollande hat unlängst sogar davor gewarnt, sich in Verteidigungsfragen allein auf die von den USA dominierte NATO zu verlassen: »Wer weiß, was der amerikanische Präsident wirklich in Hinsicht auf die transatlantische Allianz und die Lastenteilung will.« Und EU-Staaten wie Polen und Ungarn warnte er davor, eine enge Bindung an die USA der europäischen Zusammenarbeit vorzuziehen. »Es gibt keine Zukunft mit Trump, wenn man sie nicht gemeinsam definiert.« Aber auch die scharf kritisierten Äußerungen des US-Präsidenten zur Folter haben für erhebliche Irritationen gesorgt. Nicht nur bei Lettlands NATO-Botschafter Indulis Bērziņš herrscht weiter »große Unsicherheit«.