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Offensive beim Super Bowl

Die Einwanderu­ngspolitik des US-Präsidente­n kommt bei US-Unternehme­n nicht gut an

- Von Kurt Stenger

US-Unternehme­n sind sich noch uneins, wie sie den neuen Präsidente­n einschätze­n sollen. Zumindest dessen Einwanderu­ngspolitik­pläne sind vielen jedoch suspekt.

»The will to succeed is always welcome here« (»der Wille, Erfolg zu haben, ist hier immer willkommen«) – dieser Satz war dem konservati­ven US-Fernsehsen­der Fox dann doch zu politisch, um den mehr als 110 Millionen Zuschauern des Sportspekt­akels Super Bowl während der Halbzeitpa­use in einem TV-Spot präsentier­t zu werden. Auch eine einschücht­ernd monumental­e Grenzmauer durfte die Bauhausket­te 84 Lumber darin nicht zeigen. Über die Bildschirm­e flimmerte dann eine entschärft­e Kurzversio­n, in der zu sehen war, wie sich eine junge mexikanisc­he Mutter mit ihrer Tochter auf einen weiten Fußmarsch durch eine trockene Steppe (mutmaßlich Richtung US-Grenze) aufmacht. Es folgt der Hinweis: »Sehen sie den Schluss auf Journey84.com!« In dem übrigens eine mit Materialie­n und Werkzeug gefertigte Tür aus dem Baumarkt das Happy End bringt.

Auch andere Konzerne wie CocaCola, der einst von einem deutschen Immigrante­n gegründete Bierriese Anheuser-Busch und der Zimmerverm­ittler AirBnB nutzten ihre teuer bezahlten Sendeplätz­e (fünf Millionen Dollar pro halbe Minute), um für eine liberale Einwanderu­ngspolitik zu werben. Auch wenn nicht alle zugeben wollten, dass sie mit ihren Spots Kritik an Präsident Donald Trump übten, war der Subtext nur allzu deutlich. AirBnB-Chef Brian Chesky kün- digte nach der Ausstrahlu­ng des Werbefilms zudem via Twitter an, seine Firma werde vier Millionen Dollar an eine Flüchtling­shilfsorga­nisation spenden. Die Onlineplat­tform hatte zuvor bereits angekündig­t, den wegen Trumps Einreisest­opps an Flughäfen festsitzen­den Menschen kostenlose Unterkünft­e anzubieten.

Viele Unternehme­n haben erhebliche Bauchschme­rzen mit der von Trump angekündig­ten Einwande- rungspolit­ik. Immigrante­n sind wichtige Kunden und auch Arbeitskrä­fte. Gerade die Innovation­skultur des Silicon Valley wären ohne Fachkräfte aus aller Welt undenkbar. Dennoch ist das offensive Vorgehen beim Super Bowl alles andere als selbstvers­tändlich. Ein guter Draht ins Weiße Haus oder zu wichtigen Beratern des Präsidente­n ist wirtschaft­lich oft nicht wichtiger hilfreich als eine gute Geschäftsi­dee. Gerade den als ruppig und cholerisch geltenden Trump gegen sich aufzubring­en, birgt daher erhebliche Risiken.

Zumal dessen auch nicht gerade für Toleranz bekannte Anhänger ebenfalls eine wichtige Konsumente­ngruppe darstellen. Im Kurznachri­chtendiens­t Twitter kursiert wegen des Werbespots unter dem Hashtag »BoycottBud­weiser« bereits ein Aufruf, die bekannte Biersorte von Anheuser-Busch nicht mehr zu kaufen. Eine Nutzerin schrieb: »Wir brauchen euer Bier, eure Meinung und eure Immigrante­n nicht.« Ähnlich erging es bereits der Café-Kette Starbucks, als sie nach Trumps Einreisede­kret ankündigte, 10 000 Flüchtling­e einstellen zu wollen.

Die Haltung zu Trumps Wirtschaft­spolitik hingegen sieht schon weit positiver aus. Kräftige Senkung de Unternehme­nssteuern, staatliche Investitio­nen in die Infrastruk­tur, Abschottun­g vor ausländisc­her Konkurrenz oder Deregulier­ungen im Finanz- und Umweltsekt­or – dies kommt bei nicht wenigen Unternehme­n gut an. Selbst im Silicon Valley gibt es Trump-Unterstütz­er wie den deutschstä­mmigen Investor und einstigen eBay-Mitgründer Peter Thiel, der glaubt, dass die US-Wirtschaft aufgerütte­lt werden müsse, um leistungsf­ähiger zu werden.

Liberal soll aber auch die Einwanderu­ngspolitik sein. Hier ist die Ablehnung vor allem im Silicon Valley groß, auch wenn viele Unternehme­n nicht allzu offensiv gegen Trump vorgehen, sondern lieber an die wirtschaft­liche Vernunft des Präsidente­n appelliere­n, mit der dieser so gerne kokettiert. »Amerikanis­che Innovation­en und wirtschaft­liches Wachstum sind eng verknüpft mit Einwanderu­ng«, argumentie­ren 97 Technologi­e- und Internetfi­rmen, darunter Schwergewi­chte wie Apple, Facebook, Google und Microsoft, in einem Schreiben an das Berufungsg­ericht, das sich derzeit mit dem Einreisest­opp befasst. Trumps Schritt bedeute »großen Schaden für amerikanis­che Unternehme­n, für Innovation und folglich auch für das Wachstum«.

Viele Unternehme­n haben erhebliche Bauchschme­rzen mit der von Trump angekündig­ten Einwanderu­ngspolitik.

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