Zweieinhalb Jahre sollen genügen
Pflichtverteidiger von NPD-Politiker nennt Nauener Anschlag nur fahrlässige Brandstiftung
Im Prozess zum Brandanschlag auf eine Turnhalle in Nauen waren am Montag die Plädoyers der Verteidiger dran.
Fast neun Jahre lang soll der Stadtverordnete Maik Schneider (NPD) nach dem Willen der Staatsanwaltschaft wegen verschiedener politisch motivierter Delikte ins Gefängnis, unter anderem, weil der im Sommer 2015 eine Turnhalle in Nauen abfackelte, die als Notunterkunft für Flüchtlinge vorgesehen war.
Schneider und fünf andere Männer sind angeklagt. Am Montag kamen im Prozess vor dem Landgericht Potsdam die Plädoyers der Verteidiger dran. Dabei plädierte der Pflichtverteidiger Schneiders auf lediglich zweieinhalb Jahre Haft. Der Kommunalpolitiker sei kein dumpfer Ausländerfeind und habe lediglich ein Zeichen setzen, die Fassade ein wenig einrußen wollen, argumentierte der Anwalt. Schneider habe geglaubt, die Betonwände würden den Brand abweisen. Doch die Kunststofffenster hielten der Hitze nicht stand, womit Schneider wegen des starken Regens in der Tatnacht nicht gerechnet habe. Der Anwalt sprach von bloß »fahrlässiger Brandstiftung«.
Überraschend beurteilte ausgerechnet der von Maik Schneider neben seinem Pflichtverteidiger hinzugezogene Rechtsanwalt Ulli Boldt den Vorgang strenger. »Wer Feuer macht, will Feuer. Wer nur ein Zeichen setzen will, wirft Farbbeutel«, erklärte Boldt. Schneider habe durchaus damit gerechnet, dass die Turnhalle Feuer fängt, wenngleich er keinen schlimmen Brand wollte. Boldt sprach von »politisch motivierter Kriminalität« und forderte die seiner Ansicht nach »sehr harte Strafe« von fünf Jahren Haft.
Für den Angeklagten Dennis W. hatte Staatsanwalt Nils Delius acht Jahre und drei Monate Haft gefordert. Zur Last gelegt werden ihm Beihilfe bei der Brandstiftung, außerdem ein Anschlag auf das Auto eines Polen und Attacken auf das Wahlkreisbüro der Landtagsabgeordneten Andrea Johlige (LINKE). All dies habe keinen ausländerfeindlichen Hintergrund, beteuerte der Verteidiger für seinen drogensüchtigen Mandanten. Dennis W. wohnte in einem Haus, dessen Miteigentümerin die Abgeordnete Johlige ist, und hatte mit dieser Zoff wegen seiner Mietschulden. Darum habe er das Büro angegriffen. Der Verteidiger plädierte auf drei Jahre und drei Monate Haft.
Der Verteidiger des wegen Ausländerfeindlichkeit vorbestraften Christopher L. betonte, sein Mandant habe ein Geständnis abgelegt und damit Beweise gegen Maik Schneider und Dennis W. geliefert. Dies sollte belohnt werden, meinte er. Die von der Staatsanwaltschaft verlangten drei Jahre und drei Monate Haft seien zu hart. Der 27-Jährige habe mit der rechten Szene gebrochen. Angemessen seien deswegen ein Jahr und zehn Monate, so resümierte der Verteidiger, ausgesetzt auf Bewährung.
Auch der Anwalt des Angeklagten Christian B. verwies darauf, dass sein Mandant ein Geständnis abgelegt habe. Gerüchte, dass Maik Schneider und Co. hinter dem Brandanschlag stecken müssten, seien in Nauen zwar herumgegangen. »Wasserdicht« sei dies erst durch die Aussagen von Christian B. und Sebastian F. untermauert worden. B. sei hernach von der Neonaziszene bedroht worden. Zwei Jahre auf Bewährung hatte die Staatsanwaltschaft für Christian B. gefordert. Sein Anwalt meinte, etwas weniger dürfte genügen.
Der Anwalt von Sebastian F. betonte, sein Mandant sei der einzige der sechs Angeklagten, der nie zur rechten Szene gehört habe und nur über Saufkumpanei in einer Kneipe dazugestoßen sei. Statt zwei Jahre auf Bewährung solle F. nur anderthalb Jahre bekommen. Die Plädoyers der Anwälte endeten am späten Montagnachmittag mit der Forderung, es im Falle des Angeklagten Thomas E. mit einer Geldstrafe bewenden zu lassen. Danach bereuten mehrere Angeklagte in ihren Schlussworten, dass sie sich auf Schneider eingelassen hatten. Auch Schneider selbst äußerte Bedauern. Das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden.