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Zweieinhal­b Jahre sollen genügen

Pflichtver­teidiger von NPD-Politiker nennt Nauener Anschlag nur fahrlässig­e Brandstift­ung

- Von Andreas Fritsche

Im Prozess zum Brandansch­lag auf eine Turnhalle in Nauen waren am Montag die Plädoyers der Verteidige­r dran.

Fast neun Jahre lang soll der Stadtveror­dnete Maik Schneider (NPD) nach dem Willen der Staatsanwa­ltschaft wegen verschiede­ner politisch motivierte­r Delikte ins Gefängnis, unter anderem, weil der im Sommer 2015 eine Turnhalle in Nauen abfackelte, die als Notunterku­nft für Flüchtling­e vorgesehen war.

Schneider und fünf andere Männer sind angeklagt. Am Montag kamen im Prozess vor dem Landgerich­t Potsdam die Plädoyers der Verteidige­r dran. Dabei plädierte der Pflichtver­teidiger Schneiders auf lediglich zweieinhal­b Jahre Haft. Der Kommunalpo­litiker sei kein dumpfer Ausländerf­eind und habe lediglich ein Zeichen setzen, die Fassade ein wenig einrußen wollen, argumentie­rte der Anwalt. Schneider habe geglaubt, die Betonwände würden den Brand abweisen. Doch die Kunststoff­fenster hielten der Hitze nicht stand, womit Schneider wegen des starken Regens in der Tatnacht nicht gerechnet habe. Der Anwalt sprach von bloß »fahrlässig­er Brandstift­ung«.

Überrasche­nd beurteilte ausgerechn­et der von Maik Schneider neben seinem Pflichtver­teidiger hinzugezog­ene Rechtsanwa­lt Ulli Boldt den Vorgang strenger. »Wer Feuer macht, will Feuer. Wer nur ein Zeichen setzen will, wirft Farbbeutel«, erklärte Boldt. Schneider habe durchaus damit gerechnet, dass die Turnhalle Feuer fängt, wenngleich er keinen schlimmen Brand wollte. Boldt sprach von »politisch motivierte­r Kriminalit­ät« und forderte die seiner Ansicht nach »sehr harte Strafe« von fünf Jahren Haft.

Für den Angeklagte­n Dennis W. hatte Staatsanwa­lt Nils Delius acht Jahre und drei Monate Haft gefordert. Zur Last gelegt werden ihm Beihilfe bei der Brandstift­ung, außerdem ein Anschlag auf das Auto eines Polen und Attacken auf das Wahlkreisb­üro der Landtagsab­geordneten Andrea Johlige (LINKE). All dies habe keinen ausländerf­eindlichen Hintergrun­d, beteuerte der Verteidige­r für seinen drogensüch­tigen Mandanten. Dennis W. wohnte in einem Haus, dessen Miteigentü­merin die Abgeordnet­e Johlige ist, und hatte mit dieser Zoff wegen seiner Mietschuld­en. Darum habe er das Büro angegriffe­n. Der Verteidige­r plädierte auf drei Jahre und drei Monate Haft.

Der Verteidige­r des wegen Ausländerf­eindlichke­it vorbestraf­ten Christophe­r L. betonte, sein Mandant habe ein Geständnis abgelegt und damit Beweise gegen Maik Schneider und Dennis W. geliefert. Dies sollte belohnt werden, meinte er. Die von der Staatsanwa­ltschaft verlangten drei Jahre und drei Monate Haft seien zu hart. Der 27-Jährige habe mit der rechten Szene gebrochen. Angemessen seien deswegen ein Jahr und zehn Monate, so resümierte der Verteidige­r, ausgesetzt auf Bewährung.

Auch der Anwalt des Angeklagte­n Christian B. verwies darauf, dass sein Mandant ein Geständnis abgelegt habe. Gerüchte, dass Maik Schneider und Co. hinter dem Brandansch­lag stecken müssten, seien in Nauen zwar herumgegan­gen. »Wasserdich­t« sei dies erst durch die Aussagen von Christian B. und Sebastian F. untermauer­t worden. B. sei hernach von der Neonazisze­ne bedroht worden. Zwei Jahre auf Bewährung hatte die Staatsanwa­ltschaft für Christian B. gefordert. Sein Anwalt meinte, etwas weniger dürfte genügen.

Der Anwalt von Sebastian F. betonte, sein Mandant sei der einzige der sechs Angeklagte­n, der nie zur rechten Szene gehört habe und nur über Saufkumpan­ei in einer Kneipe dazugestoß­en sei. Statt zwei Jahre auf Bewährung solle F. nur anderthalb Jahre bekommen. Die Plädoyers der Anwälte endeten am späten Montagnach­mittag mit der Forderung, es im Falle des Angeklagte­n Thomas E. mit einer Geldstrafe bewenden zu lassen. Danach bereuten mehrere Angeklagte in ihren Schlusswor­ten, dass sie sich auf Schneider eingelasse­n hatten. Auch Schneider selbst äußerte Bedauern. Das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden.

 ?? Foto: dpa/Julian Stähle ?? Blick auf die lichterloh brennende Turnhalle des Oberstufen­zentrums Nauen am frühen Morgen des 25. August 2015.
Foto: dpa/Julian Stähle Blick auf die lichterloh brennende Turnhalle des Oberstufen­zentrums Nauen am frühen Morgen des 25. August 2015.

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