Misstrauisch aus Erfahrung mit K+S
Thüringen will eigenes Gutachten zur Kalilauge
Erfurt. Die Entsorgung salzhaltiger Abwässer des Kali-Konzerns K+S bleibt in der Kritik – auch nach der neuerlichen Genehmigung aus Kassel. Thüringen will jetzt ein eigenes Gutachten in Auftrag geben. Landesumweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) sieht in der hessischen Genehmigung zur Entsorgung von Lauge in den Boden einen Freifahrtschein für den Kaliund Düngemittelkonzern K+S. Die Erlaubnis bis zum Jahr 2021 lasse befürchten, dass Alternativen zum Versenken salzhaltiger Abwässer nur zögerlich weiterverfolgt werden, sagte Siegesmund. Sie kritisierte eine unzureichende Einbeziehung Thüringens in das Genehmigungsverfahren des Regierungspräsidiums Kassel.
K+S unterhält mehrere KaliWerke im hessisch-thüringischen Grenzgebiet an der Werra. Dort
Die Lauge aus der Kali-Produktion wird in die Werra oder in den Boden geleitet.
beschäftigt das Unternehmen etwa 4400 Menschen. 2016 musste K+S die Produktion drosseln und zeitweise Kurzarbeit anordnen, weil die Entsorgungskapazitäten nicht ausreichten. Das Abwasser aus der Kali-Produktion wird in die Werra oder in den Boden geleitet.
Siegesmund kündigte an, sie werde ein eigenes Gutachten zu den Konsequenzen der Laugenversenkung in Auftrag geben. »Wir nehmen eine eigene fachliche Prüfung vor. Mit Ergebnissen wird im Mai gerechnet.« Es gehe ihr nicht nur um die Gefährdung des Trinkwassers, sondern um das Grundwasser insgesamt. Sie habe Zweifel, ob die Zahl der Messstellen dafür ausreiche. Nach Meinung von Siegesmund sollte die Ende 2016 erteilte Genehmigung aus Kassel für die Laugenversenkung auch Thema der Flussgemeinschaft Werra-Weser werden.
Als erfreulich wertete die Ministerin, dass K+S nach eigenen Angaben vor einigen Tagen einen Auftrag zur Laugenreduzierung an das Thüringer Unternehmen KUtec vergeben hat. Es soll für K+S weitere Möglichkeiten zur Rohstoffgewinnung aus Abwasser suchen. In einem ersten Schritt gehe es um die Gewinnung von mehr Kaliumsulfat. »Ein Auftrag fünf Jahre früher wäre aber besser gewesen«, so Siegesmund.
Sie sieht sich mit ihrer Kritik an der Laugenversenkung nicht im Widerspruch zu Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (LINKE), der neben Umweltaspekten stets den Erhalt der Arbeitsplätze betont. »Ich will auch, dass weiterproduziert werden kann. Uns liegen die Arbeitsplätze am Herzen, aber auch sauberes Grundwasser«, sagte Siegesmund. Deshalb müsste es schnell deutliche Fortschritte bei der Verringerung der Abwässer geben. »Wir brauchen ein echtes Ausstiegsszenario aus Versenkung und Einleitung in die Werra. Eine umweltfreundliche Produktion gibt auch den Bergleuten eine Perspektive.«
Ramelow unterstützte am Sonntag ein eigenes Thüringer Gutachten. Er bescheinigte dem Vorstand der K+S AG, sich jetzt intensiver um die Verringerung der salzhaltigen Produktionsabwässer zu bemühen. Das Unternehmen arbeite »energisch« an alternativen Entsorgungswegen.
Thüringen hatte 2016 nach Kurzarbeit im südthüringischen Unterbreizbach die stillgelegte Kali-Grube Springen als Zwischenlager für Lauge zur Verfügung gestellt. Derzeit werde geprüft, ob Lauge auch in der stillgelegten Kali-Grube im nordthüringischen Bischofferode eingeleitet werden kann. Siegesmund: »Aber es gibt auch eine Verantwortung des Unternehmens.«