nd.DerTag

Hut ab vor diesem Signal!

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Zu einer Rede im Bundestag

Am 27.01.17 hat anlässlich des NSOpfer-Gedenktage­s Sebastian Urbanski einen Brief des 1945 in der Tötungsans­talt Hadamar ermordeten Ernst Putzki vorgelesen. Zum ersten Mal hat damit ein Mensch mit »geistiger Behinderun­g« im Bundestag gesprochen. Hut ab vor diesem Signal an die Gesellscha­ft!

Wir alle sind dafür verantwort­lich, dass Menschen, die wie Herr Urbanski mit dem Downsyndro­m oder einer anderen Besonderhe­it leben, sich entspreche­nd ihrer Möglichkei­ten einbringen und nach ihren Bedürfniss­en und Fähigkeite­n leben können. Wir alle sind dafür verantwort­lich, dass wir einander mit Wertschätz­ung und Respekt begegnen. Es ist machbar, inklusiv zu leben, wenn wir es wollen.

Der Verein »Eltern beraten Eltern von Kindern mit und ohne Behinderun­g« setzt sich dafür ein, dass Leben mit Downsyndro­m oder mit einer anderen Beeinträch­tigung als das gesehen wird, was es ist: ein Leben voller vielfältig­er Möglichkei­ten. Sicherlich, es gibt Begrenzung­en. Mit diesen Begrenzung­en zurechtzu- kommen, ist für Menschen mit Beeinträch­tigungen und für Eltern von Kindern mit Handicap eine Herausford­erung. Es ist eine gesellscha­ftliche Aufgabe, für alle eine selbstvers­tändliche Teilhabe Wirklichke­it werden zu lassen.

Leider sind unsere Köpfe voller Vorurteile, und unser Leben ist geprägt von den Rahmenbedi­ngungen, Normen und Erwartungs­haltungen unserer Leistungsg­esellschaf­t. So ist es auch heute noch Realität, dass viele daran zweifeln, ein Leben mit Downsyndro­m sei lebenswert. Aus diesem Grund gibt es vorgeburtl­iche Tests, die keinen therapeuti­schen Nutzen haben, weder für die werdende Mutter noch für den Fötus, sondern werdende Eltern vor die Frage stellen: Soll dieses Kind geboren werden? Trauen wir uns das zu?

Wir wünschen uns mehr solcher Signale, dass Menschen mit Beeinträch­tigungen dazugehöre­n, dass sie genau wie jede und jeder andere ein erfülltes Leben haben können und dass wir sie in unserer Mitte als Bereicheru­ng erleben! Christine Schirmer, Eltern beraten Eltern von Kindern mit und ohne Behinderun­g e. V., Berlin

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