Licht im Dunklen
Der Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn scheint aufgeklärt / Ermittler gaben im nordrhein-westfälischen Landtag Auskunft
»Das war ein oberflächlicher Stubendurchgang, keine richtige Durchsuchung.« Dietmar Wixfort über Ermittlungspannen nach dem Anschlag in Düsseldorf
Im Düsseldorfer Landtag sprachen Ermittler, wie sie den Anschlag in Düsseldorf-Wehhahn aufklären konnten. Antifaschisten fordern weitere Ermittlungen im NeonaziMilieu. Es war eine Überraschung, als Polizei und Staatsanwaltschaft in Düsseldorf am vergangenen Mittwoch verkündeten, man habe den mutmaßlichen Täter des Bombenanschlags vom 27. Juli 2000 ermittelt. Damals war am SBahnhof Wehrhahn ein ferngezündeter Sprengsatz explodiert. Zehn Menschen wurden verletzt, ein ungeborenes Kind getötet. Der Anschlag traf eine Gruppe von jüdischen Sprachschülern, die aus Osteuropa stammen. Schon damals wurde Ralf S. von der Polizei verdächtigt, eine Hausdurchsuchung bei ihm blieb allerdings erfolglos. Dass die Ermittler nun auf die Spur des rechten Waffennarren und Militariahändlers gekommen sind hat der Tatverdächtige selbst zu verschulden. Bei einem Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel im Jahr 2014 prahlte er gegenüber einem Mithäftling mit der Tat. Der andere Häftling ging zur Polizei.
Im Düsseldorfer Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sollte der Wehrhahn-Anschlag schon lange auf der Tagesordnung stehen. Schließlich hatten die Parlamentarier es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur die Verbrechen des NSU zu untersuchen. Nun, knapp zwei Monate bevor der Ausschuss seinen Abschlussbericht abgeben wird, war es gelungen, den Anschlag zu thematisieren. Sven Wolf (SPD), der dem Ausschuss vorsitzt, erklärte Dienstag, seit 18 Monaten hätten Mitglieder des Ausschusses bereits Kenntnis von der Wiederaufnahme der Ermittlungen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurden, weil man die Ermittlungen nicht habe stören wollen. Diese Verschwiegenheit, die Wolf als »vorbildlich« bezeichnet, habe nun zu den Ermittlungserfolgen beigetragen.
Am gestrigen Dienstag konnten Parlamentarier und Ermittler dann erklären, was sich rund um die Ermittlungen zum Wehrhahn-Anschlag abspielte. Dietmar Wixfort, der nach der Tat die polizeilichen Ermittlungen damals leitete, schilderte Schwierigkeiten bei den Ermittlungen. Ralf S. sei eine seltsame Person gewesen. Er habe sich sehr auffällig benommen. Wixfort erwähnte allerdings auch Pannen bei den Ermitt- lungen. Eine Durchsuchung bei Ralf S., die vom Staatsschutz durchgeführt wurde, sei nur ein »oberflächlicher Stubendurchgang« gewesen. Eine zweite Durchsuchung habe sich wegen eines fehlenden Durchsuchungsbeschlusses verzögert. Die Polizei sei dann quasi gemeinsam mit Journalisten angerückt, Ralf S. sei vorgewarnt gewesen. Nach mehr als einem Jahr Ermittlungen sei man mit dem »Latein am Ende« gewesen. Vom Verfassungsschutz habe die Polizei damals keine Informationen über Ralf S. und dessen Vernetzung in der neonazistischen Szene gegeben. Ralf S. hätte der Täter sein können oder auch nicht, so Wixfort.
Ein weiterer Zeuge, der gehört wurde, war Udo Moll von der Düsseldorfer Kriminalpolizei, der die aktuellen Ermittlungen gegen Ralf S. leitet. Moll sagte im Gespräch mit »nd«, er gehe davon aus, dass der Tatverdächtige verurteilt werde. Man habe dafür ausreichende Beweise. Der Kripobeamte lobte die Arbeit des NSUAusschuss im nordrhein-westfälischen Landtag. Im vergangenen Jahr habe er die Parlamentarier schon einmal in nicht-öffentlicher Sitzung über die Ermittlungen informiert. Es sei gut, dass die Mitglieder des Ausschusses mit ihren Informationen nicht an die Öffentlichkeit gegangen seien und auch den Fragen, wann der Anschlag endlich thematisiert würde, nicht nachgegeben hätten. Im Ausschuss selbst erzählte Udo Moll nicht viel Neues. Das Verfahren laufe, man ermittle noch und könne nun hier keine neuen Erkenntnisse präsentieren, weil diese eventuell das Verfahren gefährden könnten.
Antifaschisten aus Düsseldorf dürften die Erkenntnisse mit Wohlwollen aufgenommen haben. So hatten sie, schon kurz nach der Tat auf die Neonaziszene rund um den Wehrhahn aufmerksam gemacht und dabei auch speziell Ralf S. benannt. Die Staatsanwaltschaft verleugnete damals die Existenz einer rechten Szene in Düsseldorf. Es gelte nun, systematisch alle Verbrechen, die möglicherweise einen rechten Hintergrund haben, aufzuklären, so der Tenor einer Kundgebung am vergangenen Freitag. Die Ermittlungen im Falle Wehrhahn zeigten, dass späte Ergebnisse möglich seien. Die Initiative »NSU-Watch NRW« fordert einen weiteren Ausschuss in Nordrhein-Westfalen zum Thema NSU und Rechtsterrorismus. Es gebe noch genug, was im Bundesland aufgeklärt werden müsse. Ob es einen zweiten Ausschuss gibt wird sich nach den Landtagswahlen im Mai entscheiden.