Keine Entscheidung über Griechenland
Der Internationale Währungsfonds spielt auf Zeit, um einen Schuldenschnitt durchzusetzen
Der IWF beteiligt sich bisher nicht am Rettungspaket für das krisengebeutelte Griechenland. Deutschlands Regierung fordert das zwar vehement ein, doch fehlt ihr immer stärker die Rückendeckung. Die Uhr tickt und die Zeit spielt gegen die Eurogruppe und Berlin, da vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Internationalen Währungsfonds (IWF) noch immer ins dritte »Rettungspaket« für Griechenland einbinden will. Das ist aber bereits seit August 2015 in Kraft und am Montagabend (Ortszeit) befasste sich der IWF-Exekutivrat mit dem zweiten jährlichen Überprüfungsbericht zur griechischen Reformpolitik.
Eile hat man in Washington aber nicht. Der IWF stellte vor der Sitzung fest, dass nur über die Entwicklung in Griechenland geredet werde. »Eine Entscheidung über eine mögliche Finanzierung durch den IWF steht nicht auf der Tagesordnung«, gab der Fondssprecher Gerry Rice über Twitter bekannt. In der Pressemitteilung, die nach der Sitzung veröffentlicht wurde, finden sich denn auch keine Hinweise darauf. Darin wird die Regierung in Athen allerdings aufgefordert, ihre Reformanstrengungen zu intensivieren.
Klar ist, dass Griechenland weit hinter den Zielen zurückhängt, die dem Land gesetzt wurden und die sogar der IWF für zum Teil unrealistisch hält. Illusorisch sind etwa die angestrebten Privatisierungserlöse: Von 50 Milliarden Euro wurden bisher nur vier Milliarden erzielt.
Strittig ist im IWF-Exekutivrat auch, welchen Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss minus Zinszahlungen) das Land aufweisen soll. Eine Mehrheit im IWF geht davon aus, dass ein Primärüberschuss von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) möglich sei. Streit gab es aber über diesen Punkt, weil eine Minderheit im Währungsfonds meint, Griechenland müsse entsprechend den Vereinbarungen mit den internationalen Gläubigern wenigstens ab 2018 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des BIP erreichen. Dies fordern die EU-Kommission und vor allem Berlin. Um das zu erreichen, bräuchte es neue massive Einschnit- te, die aber auch das Wirtschaftswachstum weiter belasten würden. Längerfristig rechnet der IWF nur mit weniger als einem Prozent Wachstum. Portugal dagegen, wo Austeritätsprogramme zurückgenommen wurden, wächst um etwa zwei Prozent. Die Arbeitslosigkeit sank auf 10,2 Prozent, in Griechenland ist sie mehr als doppelt so hoch.
Klar ist, dass es für den IWF eine zentrale Hürde für die Beteiligung gibt: die Schuldentragfähigkeit. Nach seinen Statuten darf er sich nicht an einem Rettungspaket beteiligen, wenn er die Schulden eines Landes für »nicht tragfähig« hält. Das ist bei Griechenland der Fall und Experten des Fonds halten die Schulden dort sogar für »explosiv«. In den Rettungsjahren wurden sie nicht etwa reduziert, sondern sind im Verhältnis zur deutlich geschrumpften Wirtschaftsleistung mit fast 180 Prozent des BIP nun fast doppelt so hoch wie vor der Krise. Geplant ist mit den Rettungsprogrammen aber, die Schulden bis 2020 auf 120 Prozent des BIP zu drücken.
Eigentlich ist allen klar, dass Griechenland weder seinen Schuldendienst auf Dauer bewältigen noch eine konjunkturelle Erholung erreichen kann, sollte es keine weitere Schuldenerleichterung geben. Deshalb hat der IWF erneut einen Schuldenschnitt gefordert. Denn auch ein Primärüberschuss nützt nichts, wenn unter dem Strich hohe Haushaltsde- fizite wegen immer höherer Zinszahlungen stehen.
Eigentlich hätten vor den Wahlen in diversen Ländern viele EU-Länder das Thema gerne auf der Eurogruppensitzung am 20. Februar zu den Akten gelegt, was nun unmöglich ist. Doch die Bundesregierung wird im Wahljahr kaum erneut in einen heißen Sommer mit einer Grexit-Debatte gehen wollen. Im kommenden Juli braucht das Land sieben Milliarden Euro zur Rückzahlung fälliger Schulden, sonst ist es auch offiziell pleite.
Doch Schäuble hat sich verrannt und lehnt den nötigen Schuldenschnitt ab. Er hat nun aber ein Druckmittel gegenüber dem IWF verloren: Die EU-Grundsatzabteilung des Bundestags widersprach seiner Behauptung, ein Ausstieg des IWF würde dazu führen, dass ein neues Hilfspaket aufgelegt und dem Parlament zur Entscheidung vorgelegt werden muss. Doch der Bundestag habe im August 2015 nur eine »Erwartung im Hinblick auf eine finanzielle Beteiligung des IWF« ausgesprochen.
Klar ist, dass es für den IWF eine zentrale Hürde für die Beteiligung gibt: die Schuldentragfähigkeit.