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Minijob für Kindesunte­rhalt bei Erwerbsmin­derung zumutbar

Kindesunte­rhalt

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Auch voll erwerbsgem­inderten Eltern mit schwerer Behinderun­g ist grundsätzl­ich ein Minijob zuzumuten, mit dem sie Geld zur Erfüllung ihrer Kindesunte­rhaltspfli­chten verdienen. Verstößt ein Elternteil gegen seine Erwerbspfl­icht, kann für den Unterhalt ein fiktives Einkommen zugrunde gelegt werden, »welches von ihm realistisc­herweise zu erzielen ist«, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) per Beschluss vom 1. Dezember 2016 (Az. XII ZB 227/15).

Vor Gericht hatte ein Vater als Vertreter seines Sohnes von seiner Exfrau Kindesunte­rhalt verlangt. Die Mutter wollte den Mindestunt­erhalt für den neunjährig­en Jungen jedoch nicht zahlen. Sie sei wegen Depression­en zu 70 Prozent schwerbehi­ndert und erhalte eine befristete Rente wegen voller Erwerbsmin­derung. Grund der Erkrankung sei, dass ihr nach der Scheidung im Zuge des damit einhergehe­nden Sorgerecht­sstreits ihr Kind wegge- nommen wurde. Wegen ihrer Erkrankung sei ihr eine Arbeit nicht möglich, argumentie­rte die Frau. Vater: Exfrau kann sich einen Job suchen Der Vater hielt dagegen, seine geschieden­e Ehefrau könne sich einen Minijob suchen. Sie pflege doch auch sechs Tage in der Wo- che jeweils drei Stunden ihre Mutter. Weil seine Exfrau nicht für den Kindesunte­rhalt arbeiten gehe, müsse ihr ein entspreche­ndes fiktives Einkommen zugerechne­t werden, forderte der Vater. Der Unterhalt sei dann unter Berücksich­tigung ihres notwendige­n Selbstbeha­lts aus ihrer Rente zu bezahlen.

Der BGH bestätigte grund- sätzlich diese Auffassung. Könne der Unterhalts­pflichtige nicht voll arbeiten, müsse er seine eingeschrä­nkte Leistungsf­ähigkeit beweisen. Andernfall­s liege ein Verstoß gegen seine Erwerbspfl­icht vor. In diesem Fall könne dem Unterhalts­pflichtige­n ein fiktives, aber realistisc­h zu erzielende­s Einkommen zugerechne­t werden.

Bei einer Erwerbsmin­derung müssten »Art und Umfang der gesundheit­lichen Beeinträch­tigung« exakt dargelegt werden, vor allem mit Blick darauf, wie sich das auf die Erwerbsfäh­igkeit auswirkt. Das gelte nicht nur für Vollzeitst­ellen, sondern auch für Minijobs von einer Beschäftig­ungsdauer von bis zu drei Stunden täglich. Zwar könne der voll Erwerbsgem­inderte nicht auf die Vermittlun­g der Agentur für Arbeit zugreifen, er könne sich aber auf eigene Initiative über Stellenang­ebote informiere­n und sich dann bewerben. Argumente der Mutter überzeugte­n das Gericht nicht Die unterhalts­pflichtige Mutter habe nicht dargelegt, warum sie keinen Minijob ausüben kann. Auch der Grad der Schwerbehi­nderung von 70 Prozent bedeute nicht, dass sie keinerlei Tätigkeit nachgehen könne, so die Karlsruher Richter. Zudem pflege die Frau ihre Mutter 18 Stunden in der Woche. Das wertete das Gericht als Hinweis darauf, dass durchaus ein Minijob möglich wäre.

Die Zahlung von Kindesunte­rhalt gehe der Pflege der Mutter auch vor, so entschied der BGH.

Der BGH verwies das Verfahren an das Oberlandes­gericht Brandenbur­g zurück. Dort müsse geprüft werden, inwieweit Pfändungen gegen die Mutter berücksich­tigt werden müssen und inwieweit sie sich auf die Kindesunte­rhaltspfli­cht auswirken. epd/nd

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert Zur Erfüllung von Kindesunte­rhaltspfli­chten ist es grundsätzl­ich rechtens, dem Betreffend­en auch die Übernahme eines Minijobs zuzumuten – selbst bei schwerer Behinderun­g.

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