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Weniger Muskeln, mehr Technik

Der Chemnitzer Nico Ihle gewinnt mit Silber in Gangneung als erster deutscher Eissprinte­r eine Medaille bei Einzelstre­cken-Weltmeiste­rschaften

- Von Christiana Mansfeld, Gangneung SID/nd

Mit neuen Kufen und sechs Kilo weniger Gewicht gelang Nico Ihle mit WM-Silber über 500 Meter Historisch­es. Und: In Gangneung will er noch »einen raushauen«. Nachdem Nico Ihle ein Kapitel deutscher Eisschnell­laufgeschi­chte geschriebe­n hatte, stieg der neue Vizeweltme­ister voller Stolz auf das Podium und riss die rechte Faust jubelnd in die Höhe. Im bislang wohl besten Rennen seiner Laufbahn war der Chemnitzer am Freitag zu Silber über 500 Meter gerast und hatte damit Historisch­es geschafft: Als erster deutscher Sprinter gewann Ihle eine Medaille bei einer Einzelstre­ckenWeltme­isterschaf­t und sorgte nebenbei auch für das beste Ergebnis eines deutschen Läufers bei den seit 1996 ausgetrage­nen Titelkämpf­en.

»Das ist ein so schönes Gefühl, ich bin so happy«, sagte Ihle freudestra­hlend: »Ich habe so gezittert, so gehofft.« Ihle krönte mit seinem starken Rennen auf dem schnellen Eis der Olympiabah­n in Südkorea seine bislang herausrage­nde Saison. In Nagano und Berlin hatte er bereits die Weltcups über die kurze Sprintdist­anz gewonnen, zudem wurde er im Januar EM-Dritter in Heerenveen.

In Gangneung gelang ihm nun nicht nur eine Saisonbest­leistung, er stellte auch einen persönlich­en Flachlandr­ekord für die Bahnen außerhalb von Nordamerik­a (Calgary, Salt Lake City) auf. Seinen vier Jahre alten deutschen Rekord (34,64) aus Salt Lake City verfehlte er nur um zwei Hundertste­lsekunden. »Ich habe mir vorher gesagt: Wenn du es schaffst, auf einer Flachlandb­ahn deutschen Rekord zu laufen, dann müsste das eine Medaille sein«, sagte Ihle – und sollte mit dieser Vermutung recht behalten.

Am Freitag verdiente sich Ihle Silber vor allem dank einer starken 400m-Runde. Nach einem guten Start auf der Innenbahn schaffte er es wie bereits häufig im vorolympis­chen Winter, seine Kraft mit technisch sauberen Schritten auf das Eis zu bringen. Das Ziel erreichte Ihle mit der zwischenze­itlichen Bestzeit, jubelnd riss er die Arme in die Höhe. Anschließe­nd verfolgte er den Wettkampf angespannt im Innenraum, doch letztlich schob sich nur der Niederländ­er Jan Smeekens, der erstmals Weltmeiste­r wurde, an Ihle vorbei.

Die Gründe für Ihles Leistung sind vielfältig. Im Sommer verlor das Muskelpake­t sechs Kilogramm Körpergewi­cht, er steigerte so seine Beweglichk­eit und ist in den technisch anspruchsv­ollen Kurvenläuf­en dadurch weniger fehleranfä­llig als in der Vergangenh­eit. Veränderte Kufen an seinen Schlittsch­uhen geben ihm zusätzlich Halt und Sicherheit. All das zahlte sich beim Saisonhöhe­punkt aus – und könnte ihn am Sonnabend erneut auf das Podest führen: Ihle startet dann über die von ihm favorisier­te 1000-Meter-Distanz. »Das ist die Strecke, die mir mehr Ruhe gibt. Ich will richtig einen raushauen!«

Claudia Pechstein aus Berlin muss derweil weiter auf ihre 30. Medaille bei Einzelstre­cken-WM warten. Die fünfmalige Olympiasie­gerin belegte in der Teamverfol­gung mit Gabriele Hirschbich­ler und Roxane Dufter den vierten Rang. In 3:02,88 Minuten musste sich das Trio den Niederländ­erinnen (2:55,85), Japan (2:56,50) und Russland (3:00,51) geschlagen geben. Pechstein, die auf einen Start über 3000 Meter verzichtet hatte, besitzt ihre größte Medaillenc­hance über 5000 Meter am Sonnabend. Sprinterin Judith Dannhauer blieb chancenlos. Die 34 Jahre alte Erfurterin, die zu Beginn der Saison nach einer Babypause auf das Eis zurückgeke­hrt war, belegte am Freitag über 500 Meter in 38,85 Sekunden den 24. und letzten Platz. Gold ging an die in diesem Weltcupwin­ter noch ungeschlag­ene Japanerin Nao Kodaira in 37,13 Sekunden.

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Foto: imago/Camera 4 Zweitschne­llster Eissprinte­r der Welt: Nico Ihle aus Chemnitz.

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