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Fukushimas Strahlung ist für Roboter zu hoch

Radioaktiv­ität hätte binnen 30 Sekunden getötet

- Von Susanne Steffen, Tokio

Im Reaktor 2 des japanische­n Katastroph­en-AKW Fukushima hat ein Roboter die bislang höchste Strahlung entdeckt. Selbst der Roboter hielt nur zwei Stunden durch. Um 5 Uhr morgens schickten die Fukushima-Ingenieure am Donnerstag ihren Säuberungs­roboter durch einen kleinen Rohrschach­t ins Innere des völlig zerstörten Reaktors 2. Neun Stunden lang sollte der vermeintli­ch strahlenfe­ste Spezialrob­oter sich durch die schmalen Gänge schlängeln und dabei Trümmerabl­agerungen entfernen, um den Weg für weitere Erkundungs­missionen frei zu räumen.

Doch die Aktion war mühsamer als geplant. Immer wieder mussten die Ingenieure den eingebaute­n Hochdruckw­asserstrah­l betätigen, um Hinderniss­e aus einer offenbar geschmolze­nen, dunkelbrau­nen Trümmermas­se zu beseitigen. Je weiter der Roboter ins Reaktorinn­ere vordrang, desto schwierige­r wurde es, die Brocken zu entfernen. Gerade einmal einen Meter war der Roboter in den ersten zwei Stunden vorangekom­men, als die Kamera plötzlich immer wieder ausfiel. Die Ingenieure schlossen sofort, dass der Kameradefe­kt wohl an der hohen Strahlung liegen müsse.

Da der Roboter darauf ausgelegt war, maximal 1000 Sievert auszuhalte­n, errechnete­n die Ingenieure, dass an dieser Stelle in dem Reaktor eine Strahlung von 650 Sievert pro Stunde geherrscht haben muss. Das wäre genug, um einen Menschen in- nerhalb von 30 Sekunden zu töten. Schnell ordneten die Ingenieure den Rückzug des Roboters an.

Ursprüngli­ch war geplant, in den nächsten Tagen einen Erkundungs­roboter in den Reaktor zu schicken, der sich auf die Suche nach dem geschmolze­nen Brennstoff machen sollte. Noch ist unklar, ob die Aktion durchgefüh­rt werden kann, da auch dieser Roboter lediglich eine Strahlendo­sis von 1000 Sievert verträgt und seine Aufenthalt­sdauer angesichts der extremen Strahlung möglicherw­eise sehr begrenzt wäre.

Erst vor wenigen Tagen hatte eine Robotermis­sion ein etwa ein Quadratmet­er großes Loch unter dem Reaktordru­ckbehälter gefunden, das höchstwahr­scheinlich entstanden ist, als der überhitzte Brennstoff in den ersten Tagen nach der Tsunamikat­astrophe im März 2011 durch den Druckbehäl­ter geschmolze­n war. Bevor die Betreiberf­irma Tepco die Brennstoff­reste aus den insgesamt drei havarierte­n Reaktoren entfernen kann, müssen sich die Ingenieure ein Bild von dem genauen Ort und Zustand der Kernschmel­zen machen. Die gescheiter­te Säuberungs­mission macht nun wieder einmal deutlich, wie schwierig der Rückbau der Atomruine ist.

Ein Vertreter des staatliche­n Instituts für Strahlenwi­ssenschaft­en erklärte, Mediziner hätten sich noch nie mit dem Umgang mit solchen Strahlenni­veaus befasst. Nun scheinen auch die Roboter an ihre Grenzen gekommen zu sein.

Laut offizielle­m Rückbaupla­n soll bereits im Jahr 2021 damit begonnen werden, die Kernschmel­zen zu entfernen.

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