Handwerkeln in der Zeitschleife
Niedersachsen: Zwei Großprojekte werden immer teurer – der Landtagsumbau und das Lüneburger »Raumschiff«
Im Sommer sollte er fertig sein, der neue Plenarbereich des Niedersächsischen Landtags. Und kosten sollte das Ganze 53 Millionen Euro. Beides wird wohl nicht klappen. Aber damit hat man ja Erfahrung. Ob Niedersachsens Landespolitiker vor dem Leineschloss mit Sekt oder wegen niedriger Temperaturen lieber mit heißem Glühpunsch auf ihren neuen Plenarsaal anstoßen werden, ist offen. Denn die von Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) gehegte Hoffnung, das mit 53 Millionen Euro veranschlagte Vorhaben werde im Sommer 2017 fertig sein, wird sich wohl nicht erfüllen. Der Bau erfordert mehr Zeit und auch mehr Geld als geplant. Schuld daran seien Querelen mit einem Unternehmen, heißt es aus dem Finanzministerium.
Wie weit sich die Eröffnung des völlig neu gestalteten, hellen und gut belüfteten Plenarbereichs verschiebt und wie die Kosten steigen, lasse sich noch nicht sagen, so Antje Tiede, Sprecherin des Ministeriums gegenüber »nd«. Voraussichtlich Ende Februar werde ein aktualisierter Bauzeitenplan vorliegen, erst dann seien »belastbarere Prognosen«möglich.
Abweichungen bei Kostenrahmen und Terminperspektive hatte Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) nie ausgeschlossen. »Unvorhersehbare Risiken« könnten in allen Bauphasen auftreten, warnte er beispielsweise im Juni 2016 während einer Besichtigung des künftigen Plenarsaals. Als ein solches Risiko entpuppte sich wenig später eine Firma, die technische Installationen vornehmen sollte, aber nach Ansicht des Ministeriums an »Leistungswillen und Leistungsvermögen« zweifeln ließ. Das Land entzog dem Betrieb den Auftrag.
Ihn aber wollte das geschasste Unternehmen zurück haben, und so bewarb es sich erneut, als der Auftrag wieder ausgeschrieben wurden. Ohne Erfolg. Die Firma blieb hartnäckig, erhob vor Gericht eine sogenannte Vergabebeschwerde. Deshalb ruhten die entsprechenden Arbeiten vorübergehend. Sie konnten – von einer anderen Firma – erst wieder aufgenommen werden, nachdem das Oberlandesgericht Lüneburg vor wenigen Wochen die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen hatte.
Für das gekündigte Unternehmen könnte das ganze Debakel sehr teuer werden, hat doch der Finanzminister angekündigt: »Die entstehenden Mehrkosten werden konsequent dem Verursacher anzulasten sein.«
Ein anderes bauliches Sorgenkind in Niedersachsen ist das futuristisch anmutende, vom US-amerikanischen Stararchitekten Daniel Libeskind konzipierte Zentralgebäude der Leuphana-Universität in Lüneburg. Dieses Projekt, an dem das Land immerhin mit 36 Millionen Euro Zuschuss beteiligt ist, steht jetzt kurz vor dem Abschluss: Der Renommierkomplex, von Kritikern auch »Raumschiff« genannt, soll am 11. März eingeweiht werden. Dazu hatten die Prüfer nach der Bauabnahme unlängst grünes Licht gegeben, viele am Projekt Beteiligte konnten aufatmen. Denn wäre das Gebäude nicht bis Ende Januar betriebsbereit gewesen, hätte die EU ihre zugesagten Fördermittel verweigern dürfen – immerhin 14 Millionen Euro.
Das Prachtstück, mit dem die gut 9000 Studierende umfassende Universität künftig glänzen kann, wird gern als »Niedersachsens Elbphilharmonie« bespöttelt. Denn auch das Zentralgebäude ist ein Musterbeispiel für Kostenexplosion und Verzögerung am Bau. Ursprünglich sollten sich schon vor drei Jahren die Türen zur Libeskind-Kreation öffnen, deren Grundstein 2011 gelegt worden war. Eine Fehleinschätzung. Auch die wirtschaftliche Kalkulation platzte, musste mehrmals hochgeschraubt werden. Aktuell rechnet die Oberfinanzdirektion mit einem Kostenvolumen von über 100 Millionen Euro.