Probleme mit den Kleinen
Dortmunds Trainer kritisiert Anspruchsdenken beim BVB
Dick eingepackt in eine Kapuzenjacke und mit Schal über dem Mund schickte Thomas Tuchel seine Spieler am Sonntagmorgen bei eisigen Temperaturen zum Auslaufen. Viel Zeit, das desolate 1:2 beim Abstiegskandidaten Darmstadt 98 aufzuarbeiten, hatte der Trainer von Borussia Dortmund nicht – schon am Montagmorgen hebt der BVB Richtung Lissabon ab, um im Achtelfinalhinspiel der Champions League gegen Benfica Wiedergutmachung zu betreiben.
»Man kann natürlich sagen, dass wir gnadenlos durchgefallen sind«, sagte Tuchel in Darmstadt sichtlich bedient: »Es war eine Bestätigung dessen, was wir die gesamte Saison schon zeigen – wir sind einfach nicht in der Lage, an unser Leistungsoptimum zu gehen, wenn man es von uns erwartet.« Der BVB wurde vom Tabellenletzten zeitweise vorgeführt. Terrence Boyd (21.) und Antonio Colak (67.) machten die peinliche Niederlage perfekt, Raphael Guerreiro erzielte nur den zwischenzeitlichen Ausgleich (44.).
»Ich war der Meinung, dass wir hier mit einem sehr bescheidenen Ansatz angereist sind«, sagte Tuchel und kritisierte die Erwartungshaltung im Verein: »Vielleicht muss da mal ein Umdenken stattfinden.« Intern müsse »vielleicht mal durchsickern«, dass sein Team mit der Favoritenrolle nur schwer umgehen könne. Nur bei Spielen »im Rampenlicht«, sagte Tuchel, »sind wir hellwach und spielen am Limit«. Ausdrücklich ausgenommen von der Kritik waren die beiden Teenager Emre Mor und Dzenis Burnic, die Tuchel in die Startelf beordert hatte. »Ich verbiete beinahe, diese beiden Namen mit der Niederlage in Verbindung zu bringen«, sagte der 43Jährige: »Es wäre niederträchtig, sie in irgendeiner Weise verantwortlich zu machen.«
Am Sonntag standen Lukasz Piszczek und Marcel Schmelzer, die in Darmstadt verletzt gefehlt hatten, wieder auf dem Platz. Auch der Franzose Ousmane Dembele, der vor der Partie wegen eines familiären Trauerfalls in die Heimat gereist war, und Gonzalo Castro könnten in der Champions League in die Startelf zurückkehren.
Voraussichtlich noch vor dem Benfica-Spiel wird die Borussia darüber entscheiden, ob sie die Sperrung der Südtribüne im kommenden Bundesligaspiel gegen den VfL Wolfsburg akzeptiert. »Die Entscheidung reift. Aber hier geht es auch um ein bisschen Genauigkeit. Das ist ein sehr umfangreicher Strafantrag«, sagte BVBGeschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Aufgrund des Eklats beim Heimspiel gegen RB Leipzig vor Wochenfrist hatte der DFB-Kontrollausschuss diese Sanktion und zusätzlich 100 000 Euro Geldstrafe beantragt. Der BVB hat bis Montagmittag Zeit zur Stellungnahme.