Razzien wegen Wasserbomben
In bolivianischen Großstädten fallen Karnevalsfreuden der Dürre zum Opfer
Bolivien erlebt die größte Dürre seit 25 Jahren. Um Wasser zu sparen, verbietet die Regierung erstmals Wasserschlachten zu Karneval. Der Klimawandel hat Karnevalsfreuden in Bolivien einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wegen einer der stärksten Dürreperioden seit 25 Jahren sprachen die Lokalbehörden der Millionenstädte La Paz im Andenhochland und Cochabamba in der zentralbolivianischen Talregion ein Verbot des beliebten Herumspielens mit Trinkwasser während der Karnevalsfeiern aus. Aus Klimaschutzgründen wurden auch das beliebte Versprühen von Schaum aus Dosen mit dem Treibgas Chlordifluormethan (R22) und dessen Verkauf untersagt, berichtet die Tageszeitung »La Razón« über die Klimawandel-Spaßbremse. »Seit Jahrzehnten hatten wir die Gewohnheit, mit Wasser zu spielen«, erklärte Umweltministerin Alexandra Moreira. »Heute haben wir es mit dem Klimawandel zu tun, und es gibt Gebiete, die über zu wenig Wasser verfügen«, rechtfertigte Moreira die denkbar unpopuläre Maßnahme. Es sei nicht weiter zu verantworten, »mit einem Gut zu spielen, das für andere Menschen eine so große Not- wendigkeit darstellt«, so die Politikerin der regierenden »Bewegung zum Sozialismus« (MAS).
Umgehend machten sich die Stadtverwaltungen an die Umsetzung des Klimadekrets. Per Verordnung verbannte der Gemeinderat das Spielen mit Trinkwasser im öffentlichen Raum während der vier Karnevalstage am letzten Februar-Wochenende im Regierungssitz La Paz vollständig. Auf Plätzen, Straßen und in Parks dürfen sich die Feiernden, meist Kinder und Jugendliche, nicht wie sonst bei Karnevals-Wasserschlachten mit dem kostbaren Gut übergießen, bespritzen oder mit Wasserbomben bewerfen. Die Polizei kündigte ein strenges Durchgreifen an. Bei einer Razzia im gut betuchten Stadtteil Zona Sur seien bei Verkäufern für Karnevalsbedarf »3000 befüllte Wasserbomben« aus dem Verkehr gezogen worden, vermeldete die Staatsmacht erste Fahndungserfolge.
In der Vergangenheit hatten die Behörden immer wieder Kampagnen für einen »vernünftigen Wasserverbrauch« während der Jeckentage gefahren, doch ohne durchschlagenden Erfolg. Das Komplettverbot ist neu. Dementsprechend bitten die Behörden um Verständnis. »Das WasserThema ist nicht neu, wir haben das Problem schon seit langem«, erklärt Kathia Salazar, Stadtverordnete von La Paz, In Cochabamba sieht die Verordnung gegen Wasserverschwendung bei Verstößen eine Geldstraße von 2000 Bolivianos (265 Euro) vor.
Auch andere Maßnahmen belegen, wie groß die Wassernot im Elf-Millionen-Einwohnerland mittlerweile ist. »In 23 Operationen haben wir 203 Wolken bombardiert und 203 Mal Regen ausgelöst«, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Luftwaffenkommandant Erwin Bonilla. Mit Hilfe von Technikern aus Venezuela hatte Boliviens Armee zuletzt eine C-130 Herkules umgerüstet und Wolken im Departamento La Paz zur Erzeugung künstlichen Regens mit Silberjodid besprüht. Präsident Evo Morales kündigte den Kauf weiterer Flugzeuge an.
Das Binnenland zwischen Anden und Amazonas gilt als eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. Seit November 2016 lebt rund ein Drittel der Bewohner von La Paz mit Einschränkungen der Trinkwasserversorgung. Wegen ausbleibender Regenfälle sind die Stauseen fast leer. In vielen Stadtteilen ist der Wasserzugang auf drei Stunden täglich reduziert worden. Die Opposition macht derweil Missmanagement der öffentlichen Wasserversorger für die Krise mitverantwortlich.