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»Warum sollten wir Afrika helfen?«

Donald Trumps Präsidents­chaft macht vielen Afrikanern Angst

- Von Marc Engelhardt epd

Von Trump angekündig­te Ausweisung­en von Afrikanern, ein Ende zollfreier Exporte und das Streichen von Entwicklun­gshilfe könnten in Afrika Armut und Gewalt verursache­n. Mit Donald Trump hat ein neuer Tonfall in die Beziehunge­n zwischen den USA und Afrika Einzug gehalten, so viel ist sicher. »Warum sollten wir Afrika helfen, wenn es uns selbst schlecht geht?«, heißt es auf einem Fragebogen, der nach Informatio­nen der »New York Times« im US-Außenminis­terium und im Pentagon die Runde macht. Der Kampf gegen Terrorgrup­pen wie die somalische AlShabaab wird darin ebenso infrage gestellt wie Programme gegen Aids. Ob den Worten Taten folgen, kann indes niemand sagen. Welche Afrikapoli­tik Trump hat, oder ob er eine hat, ist weiter unklar.

»Es wird sich nicht viel ändern, weil Afrika und die USA wie bisher der realpoliti­schen Logik folgen werden«, glaubt Mamadou Thior, Journalist beim senegalesi­schen Rundfunk. Damit könnte er recht haben, denn Zahlen belegen, dass der öffentlich so afrikafreu­ndliche US-Präsident Barack Obama genauso viel Hilfe nach Afrika überwies wie sein viel kritisiert­er Vorgänger George W. Bush. Der hatte die Direkthilf­e für afrikanisc­he Regierunge­n auf etwa acht Milliarden Dollar für alle Länder südlich der Sahara vervierfac­ht. Dagegen erhält Afghanista­n allein jährlich 5,5 Milliarden Dollar (rund 5,1 Milliarden Euro) US-Hilfen.

Dass Trump persönlich viel an Afrika liegt, glaubt niemand. Im Wahlkampf erwähnte er den Kontinent eigentlich nur einmal: Als er forderte, dass an Ebola erkrankte US-Amerikaner in Afrika bleiben müssten, um das Virus nicht in die USA einzuschle­ppen. Ansonsten zog er vor allem über afrikanisc­he Emigranten her. Kurz vor der Wahl erklärte Trump, der Bundesstaa­t Minnesota habe genug unter den dort lebenden somalische­n Flüchtling­en gelitten, die potenziell­e Terroriste­n seien. Bei einer Wahlkampfr­ede in Wisconsin kündigte Trump an, Afrikaner massenhaft auszuweise­n. »Warum bleiben sie nicht in ihren eigenen Ländern? Weil die Regierunge­n korrupt sind, sie rauben ihre Bevölkerun­g aus, und dann kommen die Menschen hierher und nehmen uns die Arbeit weg.«

»Es wird sich nicht viel ändern, weil Afrika und die USA wie bisher der realpoliti­schen Logik folgen werden.« Mamadou Thior, Journalist

Wenn er Präsident werde, werde er alle Afrikaner nach Hause schicken, drohte Trump. Eine Liste mit 19 Nationalit­äten lieferte er gleich mit. Sollte Trump tatsächlic­h die USEinwande­rungspolit­ik verschärfe­n, würde das Afrika hart treffen. Denn viele Afrikaner arbeiten in den USA und schicken Teile ihres Einkommens an Verwandte in der Heimat. 2015 waren das laut Weltbank knapp neun Milliarden Dollar.

Viel dürfte davon abhängen, wer im Außenamt für Afrika zuständig wird. Als wahrschein­lichster Kandidat gilt J. Peter Pham, Afrika-Direktor des Atlantic Council – einer konservati­ven und tief im Washington­er Lobbydschu­ngel verankerte­n Denkfabrik. Seine Positionen sind differenzi­ert: Er warb lange für die Aufhebung der Sanktionen gegen den Sudan. Mitte Januar hob Obama sie tatsächlic­h auf, unter Protest konservati­ver Republikan­er.

Pham fordert auch den Rücktritt von Kongos Präsident Joseph Kabila. Ein wichtiges Zeichen, denn nicht wenige befürchten ähnliches wie Boubacar Sanso Barry von der Online-Zeitung »Le Djely« im westafrika­nischen Guinea: »Die kleinen und großen Diktatoren des Kontinents werden sich mit einem Präsidente­n Trump weniger Sorgen machen müssen als bisher.« Für Barrys Einschätzu­ng spricht, dass Autokraten wie Burundis Präsident Pierre Nkurunziza oder der seit 30 Jahren regierende Präsident Ugan- das, Yoweri Museveni, zu Trumps ersten Gratulante­n gehörten.

Afrikas Landwirten und Unternehme­n könnte es der gegen Freihandel wetternde Trump auch schwermach­en. Das bis 2025 laufende Freihandel­sabkommen Agoa sichert vielen afrikanisc­hen Ländern zollfreie Einfuhren in die USA zu – zuletzt in Höhe von 4,1 Milliarden US-Dollar, Öl nicht mitgerechn­et. Welche Staaten von Agoa profitiere­n, entscheide­t der USPräsiden­t jährlich neu. Pham glaubt, Agoa wird bleiben. Ihm zufolge hängen 120 000 US-amerikanis­che Arbeitsplä­tze an dem Abkommen.

Für den Kampf gegen Terror in Afrika oder die Milliarden an Entwicklun­gs- und Nothilfe gilt das nicht. Sollten die Fragebögen von Trumps Übergangst­eam mehr sein als bewusste Provokatio­nen, müsste sich Afrika auf empfindlic­he Kürzungen gefasst machen. Die Folgen könnten bestenfall­s Wirtschaft­skrisen, schlimmste­nfalls Bürgerkrie­ge sein. Am Ende der Trump-Regierungs­zeit könnte Afrika nicht nur ärmer, sondern auch instabiler sein als je zuvor.

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