nd.DerTag

EU kommt Spekulante­n entgegen

- Martin Ling über die geplante Finanzmark­t-Richtlinie

Es ist keine Frage des Ob, sondern nur der Dimension: Die Spekulatio­n mit Nahrungsmi­tteln auf den Finanzmärk­ten verschärft Hungerkris­en. Das hat sich durchaus bis nach Brüssel herumgespr­ochen, wo die EU-Kommission eine Finanzmark­t-Richtlinie (MiFID II) ausgearbei­tet hat, über die am Mittwoch das Europaparl­ament zu befinden hat. Alles andere als Ablehnung wäre fahrlässig. Denn mit MiFID II zeigt die EU-Kommission wieder einmal ihr neoliberal­es Gesicht: Die Latte der Regulierun­g wird so hoch gelegt, dass die Spekulante­n bequem drunter durchgehen können. Unter bestimmten Bedingunge­n ist es möglich, dass einzelne Händler am Ende des Termingesc­häfts bis zu 35 Prozent des auf dem Markt lieferbare­n Nahrungsmi­ttels wie Mais halten können – sprich drei Händler könnten im Extremfall das komplette Angebot halten.

Dass so viel Marktmacht zur Spekulatio­n nachgerade einlädt, liegt auf der Hand. So erachtet die global arbeitende Entwicklun­gsorganisa­tion Brot für die Welt ein Positionsl­imit in Höhe von maximal zehn bis 15 Prozent für Nahrungsmi­ttel und Rohstoffe als wirksam. Es ist offensicht­lich: Die EU-Kommission hat kein Interesse daran, die nationalen Behörden an die Regulierun­gskandare zu nehmen und Spekulatio­n tatkräftig zu unterbinde­n. Die Tür für die Behörden, sehr hohe und damit unwirksame Grenzwerte zu setzen, bleibt sperrangel­weit offen. In seiner jetzigen Form ist der Kommission­svorschlag eine Steilvorla­ge für die Spekulante­n. Wenn das Europaparl­ament nicht dazwischen­grätscht, wird die Finanzmark­t-Richtlinie Hungerkris­en Vorschub leisten.

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