EU kommt Spekulanten entgegen
Es ist keine Frage des Ob, sondern nur der Dimension: Die Spekulation mit Nahrungsmitteln auf den Finanzmärkten verschärft Hungerkrisen. Das hat sich durchaus bis nach Brüssel herumgesprochen, wo die EU-Kommission eine Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID II) ausgearbeitet hat, über die am Mittwoch das Europaparlament zu befinden hat. Alles andere als Ablehnung wäre fahrlässig. Denn mit MiFID II zeigt die EU-Kommission wieder einmal ihr neoliberales Gesicht: Die Latte der Regulierung wird so hoch gelegt, dass die Spekulanten bequem drunter durchgehen können. Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, dass einzelne Händler am Ende des Termingeschäfts bis zu 35 Prozent des auf dem Markt lieferbaren Nahrungsmittels wie Mais halten können – sprich drei Händler könnten im Extremfall das komplette Angebot halten.
Dass so viel Marktmacht zur Spekulation nachgerade einlädt, liegt auf der Hand. So erachtet die global arbeitende Entwicklungsorganisation Brot für die Welt ein Positionslimit in Höhe von maximal zehn bis 15 Prozent für Nahrungsmittel und Rohstoffe als wirksam. Es ist offensichtlich: Die EU-Kommission hat kein Interesse daran, die nationalen Behörden an die Regulierungskandare zu nehmen und Spekulation tatkräftig zu unterbinden. Die Tür für die Behörden, sehr hohe und damit unwirksame Grenzwerte zu setzen, bleibt sperrangelweit offen. In seiner jetzigen Form ist der Kommissionsvorschlag eine Steilvorlage für die Spekulanten. Wenn das Europaparlament nicht dazwischengrätscht, wird die Finanzmarkt-Richtlinie Hungerkrisen Vorschub leisten.