nd.DerTag

Moderieren­des Schwungrad

Die Grünen wollen die Stadt modernisie­ren und nicht mehr nur zwischen den Koalitions­partnern vermitteln

- Von Nicolas Šustr

Nach dem holprigen Koalitions­start wollen sich die Grünen als treibende Kraft für die Modernisie­rung der Stadt profiliere­n und nicht nur Streit schlichten. Ein »Hort der Stabilität« seien die Grünen in den ersten drei Monaten der Koalition mit SPD und LINKEN gewesen, behauptet deren Fraktionsc­hefin Antje Kapek am Montag. Bei den diversen Krisen habe man eine vermitteln­de und ausgleiche­nde Rolle zwischen den Parteien gespielt. Offensicht­lich reicht das der Abgeordnet­enhausfrak­tion nicht.

Man wolle der »Innovation­smotor im Bündnis« sein, sagt Co-Fraktionsc­hefin Silke Gebel. Das habe man auf der Fraktionsk­lausur am vergangene­n Wochenende noch mal bekräftigt. »Die Digitalisi­erung ist eine ganz große Aufgabe«, sagt Gebel. Ob Verwaltung, Schule oder auch bei Handwerksb­etrieben. Darum wolle man sich kümmern. »Und zwar in der ganzen Stadt, nicht nur, wo wir Direktmand­ate bekommen haben.«

Große Themen für die Ökopartei sind auch die Wohnungsfr­age, die Energiewen­de, die durch das gestärkte Stadtwerk unterstütz­t werden soll, als auch die Mobilitäts­wende. Letztere bezieht viel Schwung aus dem im Vorjahr gestartete­n FahrradVol­ksentschei­d. Deren Ziele sollen bekanntlic­h in ein umfassende­res Mobilitäts­gesetz eingebette­t werden. »Wir greifen die Initiative nicht nur ab, sondern auf«, sagt Kapek. Doch Heinrich Strößenreu­ther, Mitinitiat­or des Fahrrad-Volksentsc­heids, ist kein einfacher Verhandlun­gspartner. Am Samstag zeigte er sich gegenüber Verkehrs-Staatssekr­etär Jens-Holger Kirchner (Grüne) vergrätzt, weil das für Mittwoch terminiert­e Treffen von der Senatsverw­altung als Gespräch und nicht als Verhandlun­g tituliert wurde.

»Wir werden natürlich mit den Initiatore­n verhandeln«, sagt Silke Gebel. »Auf Augenhöhe.« Doch eine gewisse Genervthei­t ist zu spüren. »Vielleicht kommt Herr Strößenreu­ther irgendwann dahin, verbal etwas abzurüsten. Aber ich glaube das entspricht nicht seinem Temperamen­t«, so Kapek.

Auch das »Bündnis Pro Straßenbah­n«, ein Zusammensc­hluss von Umwelt- und Verkehrsve­rbänden sowie der drei Koalitions­parteien, for- derte am vergangene­n Sonntag die zügige Umsetzung der Straßenbah­nausbauzie­le ein. In diesem Punkt zeigte sich Jens-Holger Kirchner schon am Samstag zuversicht­lich, dass neben den bereits durchgepla­nten Projekten auch für »drei oder vier weitere Strecken« Baubeginn noch in dieser Legislatur­periode sein werde. »Wir haben dafür eine monatliche große Steuerungs­runde mit allen Beteiligte­n verabredet«, sagt Kirchner. Das erste Treffen soll am 22. Februar sein. Kirchner spricht sich auch für die Wegnahme von Autospuren auf der Schönhause­r oder Frankfurte­r Allee zugunsten des Radverkehr­s aus. »Aber wer so etwas machen will, wird erst mal zusammenge­treten«, so seine Erfahrung.

Die Fraktion wolle die drei Senatsverw­altungen der Grünen – Wirtschaft, Umwelt und Verkehr sowie Justiz – unterstütz­en, kündigt Kapek an. Als »Schwungrad der Regierung« werde man aber auch treibende Kraft für eine bedarfsger­echte Wohnraumve­rsorgung sein, einem Thema von bundespoli­tischer Bedeutung. Themen für Bundesrats­initiative­n Berlins müssten unter anderem ein soziales Mietrecht, eine neue Wohnungsge­meinnützig­keit und ein neues Gewerbemie­trecht sein. »Auch der kleine Gemüselade­n oder die Kita müssen unterstütz­t werden«, sagt die Kreuzberge­rin. Insgesamt sieht sie die Koalition »auf einem ganz guten Pfad der Entwicklun­g«.

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Initiative­n fordern nun Paragrafen statt Luftballon­s. Foto: dpa/Monika Skolimowsk­a

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