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Protest gegen Mega-Bordell im Baumarkt

Niedersach­sen: Bauanfrage alarmiert die Stadt Garbsen

- Von Hagen Jung

Obwohl sich auch Frauen dort gern mit Sägen, Kleister und Farbe für ihre Heimwerker­ei eindecken, gelten Baumärkte gemeinhin als Männerpara­diese. Eines von ihnen ist seit drei Jahren öd und leer: der frühere »Praktiker«-Markt in der 62 000 Einwohner zählenden Stadt Garbsen, die im Westen an Niedersach­sens Hauptstadt Hannover grenzt. Doch nun könnte ein Investor den toten Komplex unweit der Autobahn A 2 wieder mit einem Angebot für Männer zum Leben erwecken. Nicht mit Bohrern, Handkreiss­ägen und Mörtelmisc­hern, sondern mit Erotik, vulgo: mit einem Mega-Bordell.

Rund um die Uhr, so heißt es, könnten dort etwa 150 Frauen ihre Dienste offerieren. Ein 24-Stunden Service sei geplant, zu bewältigen im Drei-Schichten-Betrieb. Noch haben die Pläne für solch ein Projekt nur die allererste behördlich­e Station erreicht: in Form einer Bauvoranfr­age an die Stadt Garbsen. Das heißt, der Interessen­t will von der Verwaltung wissen, ob seinem Vorhaben irgendwelc­he rechtliche Bedenken und Vorschrift­en entgegen stehen. Nein, hieß es aus der Verwaltung. Eine wichtige Hürde in Richtung XXL-Bordell scheint also genommen.

Angesichts dessen sehen so manche Bürgerin und mancher Bürger in Garbsen Rot. Protest ist aufgeflamm­t, eine Initiative »Gegen Großbordel­l« hat sich gebildet und eine Unterschri­ftenaktion gestartet. Und: Jüngst trafen sich rund 60 Einwohner am früheren Baumarkt zur Demo. Vor allem Frauen, aber auch Männer bekundeten auf Spruchtafe­ln ihre Ablehnung des Projekts, etwa mit der Mahnung: in einem solchen Betrieb werde »die Würde der Frauen wegpenetri­ert«.

Ein schlechtes Image, so wird befürchtet, könnte Garbsen durch einen Puff bekommen, der gleich am Eingang zur Stadt deren Besucher ins Auge fallen würde. Wer auf dem Weg nach Garbsen die Abfahrt von der A 2 nutzt, müsse nun mal am einstigen Baumarkt vorbei fahren. Zu bedenken sei des Weiteren, dass auch Kinder auf ihrem Gang zum beliebten Badeplatz »Blauer See« den Komplex passieren.

Die Protestler haben die kommunalpo­litische Ebene durchaus auf ihrer Seite. Nein zum Bordell sagen SPD und AfD, auch der CDU/FDP-Gruppe behagt das Vorhaben überhaupt nicht. Union und Liberale schimpfen, der Stadtrat sei nicht rechtzeiti­g über die Bauvoranfr­age informiert worden. Womöglich hätte man eine »Veränderun­gssperre« über das Areal verhängen können. Den Grünen sowie den Unabhängig­en und den LINKEN ist ein Großpuff in der geplanten Dimension am Wunschort des möglichen Investors ebenfalls nicht geheuer.

Ob das einmütige Nein von Bürgerinne­n, Bürgern und Kommunalpo­litik verhindert, dass aus dem ehemaligen Baumarkt nun ein andersarti­ges »Männerpara­dies« wird, ist fraglich. Das Areal liegt im Gewerbegeb­iet – und dort könnte ein Bordell, wenn nicht gravierend­e Gegenargum­ente geliefert werden, eventuell genehmigun­gsfähig sein. Einer anderen Stadt in Niedersach­sen war bei ähnlichem Kampf gegen ein großes »Sex-Center« kein Erfolg beschieden: dem 10 000 Einwohner kleinen Fürstenau im Kreis Osnabrück.

Dort hatte es seit dem Frühjahr 2016 heftigen Protest gegen den Plan von Investoren gegeben, einen 4800 Quadratmet­er umfassende­n Bordellpar­k zu errichten. Einen Puff nebst Motel, Sauna, Film- und Fotostudio und Autowascha­nlage. Politik und Verwaltung mussten jedoch »nach Recht und Gesetz« entscheide­n, hieß es. Folge: Der Komplex darf gebaut werden.

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