nd.DerTag

Warum nicht mal das Eigentum?

- Christian Baron über guten und schlechten Populismus

Die Zeiten sind wirklich verwirrend: Wer bisher als Teil des linken Flügels der deutschen Linksparte­i galt, wird von Vertretern des bislang als »rechts« bezeichnet­en Flügels von links kritisiert: Die Einlassung­en zur Flüchtling­spolitik durch das Ehepaar Wagenknech­t/Lafontaine spielten dem Rechtspopu­lismus in die Hände, monieren vor allem Mitglieder der regierungs­willigen Parteiströ­mung »Forum Demokratis­cher Sozialismu­s«.

Dabei bewegt sich Lafontaine mit den inkriminie­rten Sätzen seines jüngsten »Welt«-Interviews weitgehend auf jener politische­n Linie, die nicht nur die Bundesregi­erung, sondern auch die Landesregi­erungen unter Beteiligun­g der Linksparte­i unterstütz­en. Und darin liegt der eigentlich­e Skandal. Lafontaine beruft sich auf bestehende­s Unrecht und wird anschließe­nd ausgerechn­et von denen attackiert, die dieses Unrecht mit umsetzen, anstatt jede Regierung aufzukündi­gen, die Abschiebun­gen für ein legitimes politische­s Mittel hält.

Bernd Stegemann stellt in nebenstehe­ndem Interview fest: Der liberale Populismus hat die Moral zum strategisc­hen Argumentat­ionsprinzi­p erhoben, um den ökonomisch­en Widerspruc­h zwischen Kapital und Arbeit aus der Diskussion herauszuha­lten. Ein Populismus à la Lafontaine und Wagenknech­t, der rechte Phantasmen wie »Gastrecht« oder »Volk« links wenden will, muss darum immer scheitern in einer Öffentlich­keit, die Grenzen des Sagbaren festlegt und jede streitbare Äußerung zur Asylpoliti­k mit der Rassismuss­chleuder beantworte­t.

Dabei geht unter, dass Wagenknech­t und Lafontaine ein sozialpoli­tisches Programm propagiere­n, das sich nicht als »rechts« diffamiere­n lässt, sondern schlimmste­nfalls das Signum »utopisch« erhalten kann. Würden die beiden ihr Fischen am rechten Rand einstellen und sich stattdesse­n darauf beschränke­n, die strukturel­len Eigentumsv­erhältniss­e in Frage zu stellen, wäre der politische Mainstream früher oder später gezwungen, sich zu den offengeleg­ten Widersprüc­hen zu verhalten. Nur so kann linker Populismus erfolgreic­h sein.

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