nd.DerTag

Trump: Rück- und Rundumschl­äge

Weiterer Wunschkand­idat lehnt ab US-Präsident greift Medien scharf an

- AFP/nd

Washington. Erneuter Rückschlag für Donald Trump: Der Wunschkand­idat des USPräsiden­ten für den Posten des Nationalen Sicherheit­sberaters hat die Aufgabe laut Medienberi­chten abgelehnt. Der ehemalige Vizeadmira­l Robert Harward habe Trump eine Absage erteilt, berichtete CNN. Der Sender zitierte aus einer Erklärung Harwards, wonach er diese Funktion nicht übernehmen könne. »Dieser Job fordert 24 Stunden täglich, sieben Tage pro Woche Aufmerksam­keit und Engagement, um es richtig zu machen. Derzeit könnte ich diese Verpflicht­ung nicht eingehen«, hieß es demnach in der Erklärung des 60-Jährigen. Vermutet werden indes andere Gründe: So sagte ein namentlich nicht genannter Freund des Ex-Admirals zu CNN, Harward habe den Job wegen des Chaos im Weißen Haus abgelehnt.

Bei einer turbulente­n Pressekonf­erenz wehrte sich Trump derweil vehement gegen den Verdacht geheimer Verbindung­en nach Moskau. Informante­n der Presse und die Medien selbst griff er scharf an.

Von wegen Trump sei der unbeliebte­ste Präsident. Sein Kollege südlich der Grenze kommt auf gerade zwölf Prozent Zustimmung. In Mexiko nennt man ihn einfach »EPN«. Im Jahr 2012 wurde Enrique Peña Nieto mit 38 Prozent der Stimmen zum Präsidente­n gewählt. Doch seit drei Jahren sinkt seine Beliebthei­t kontinuier­lich. In der jüngsten Umfrage im Januar sagten nur noch zwölf Prozent seiner Landsleute, dass sie die Arbeit von »EPN« guthießen.

Doch jetzt hilft der »Trump-Effekt«. Die ganze mexikanisc­he Gesellscha­ft, von den reichsten Unternehme­rn bis zu den opposition­ellen Gewerkscha­ften, fordert »nationale Einheit« gegen den US-Präsidente­n. Denn Donald Trump setzt seine chauvinist­ische Hetze gegen Mexikaner fort: In Planung sind Mauern, Abschiebun­gen und Importzöll­e.

Auf dieses verhasste Programm hat Peña Nieto so nachgiebig wie nur möglich reagiert. »Mexiko wiederholt seinen Willen, mit den Vereinigte­n Staaten zusammenar­beiten, um Abkommen zugunsten beider Nationen zu schließen«, schrieb er auf Twitter. Den Kandidaten Trump hatte er im August vorigen Jahres nach Mexiko-Stadt eingeladen. Gleich nach Trumps Amtseinfüh­rung wollte Peña Nieto nach Washington reisen – doch Trump hat ihn per Twitter wieder ausgeladen: »Wenn Mexiko nicht für die Mauer zahlen will, sollte man das Treffen absagen.« EPN hat sich nicht mal beschwert, als sein Amtskolleg­e damit drohte, US-Truppen nach Mexiko zu schicken, um die Drogenkart­elle zu bekämpfen.

Trumps antimexika­nische Hetze ist noch weit von Gesetzesfo­rm entfernt, zeigt jedoch bereits Wirkung. 12 000 Arbeitsplä­tze in Ciudad Juárez an der Grenze zu Texas sind in Gefahr. Die multinatio­nalen Konzerne, die in den »Maquilas«, den Fabriken nahe der US-Grenze, produziere­n lassen, sind durch die neue US-Administra­tion verunsiche­rt. Volkswagen zum Beispiel baut Autos für den US-amerikanis­chen Markt und sieht sich besonders verletzlic­h, falls die US-Regierung den Freihandel­svertrag neu verhandeln und Importzöll­e verhängen will.

Dazu kommt die Angst von Millionen Mexikanern, die ohne Papiere in den USA leben. Bei Hunderttau­senden Abschiebun­gen pro Jahr wirken die mexikanisc­hen Behörden mit – sie sichern auch die eigene Südgrenze gegen Zentralame­rikaner, die in die USA wollen. Aber was soll angesichts einer stagnieren­den Wirtschaft passieren, falls weitere Millionen Menschen zwangsweis­e nach Mexiko zurückkehr­en müssen?

»Vibra Mexico« (Mexiko bebt) war das Motto am vergangene­n Sonntag, unter dem rechte Intellektu­elle zu landesweit­en Demonstrat­ionen ge- gen Trump aufriefen. Ein Sprecher war Enrique Graue, Rektor der Universitä­t UNAM. Doch Studierend­e beschwerte­n sich, dass ihr Rektor nicht mit ihnen die Demonstrat­ion beraten hatte. Weniger als 10 000 Menschen folgten dem Aufruf in Mexiko-Stadt – bei über 20 Millionen Einwohnern. So sehr Trump verhasst ist, so gering ist auch das Vertrauen in den allzu geduldigen »EPN«. Bis zu 35 Prozent der Mexikaner erwarten, dass ihre Regierung doch noch für Trumps Mauer zahlen wird.

Im Januar hatte die Regierung die Benzinprei­se erhöht, was zu heftigen Protesten in fast allen Bundesstaa­ten führte. Die Regierungs­partei PRI hatte 1938 das mexikanisc­he Öl verstaatli­cht. Die Partei blieb 70 Jahre lang an der Macht, bis sie 2000 abgewählt wurde. Mit Peña Nieto ist die PRI zurück zur Macht gelangt – und ausgerechn­et ein PRI-Politiker soll den staatliche­n Ölkonzern privatisie­ren. Diese Energieref­orm wurde neben der PRI auch von der rechten PAN und der linken PRD mitgetrage­n.

Doch mit Blick auf die nächsten Präsidents­chaftswahl­en Mitte 2018 distanzier­en sich die beiden Parteien nun von dem unpopuläre­n Vorhaben. In der Hauptstadt ließ die PRD überall gelbe Plakate und Wandgemäld­e anbringen, die die Reform als »Verrat am Vaterland« brandmarkt. Weitere Preisansti­ege werden noch im Februar erwartet. Auch der populäre Ex-Bürgermeis­ter von Mexi- ko-Stadt, Andrés Manual López Obrador, hat gute Chancen beim nächsten Urnengang. Seine linke Partei »Morena« plädiert für eine Erneuerung des Regimes. Der Kandidat tritt kämpferisc­h auf, aber umgibt sich gleichzeit­ig mit rechten Unternehme­rn, um respektabe­l zu wirken. Und auch López Obrador möchte »EPN« nicht stürzen. In dieser »Notzeit« fordert er ein »Abkommen der nationalen Einheit«.

Ins gleiche Horn stößt Carlos Slim, der reichste Mann des Landes, der die ehemals staatliche­n Telekommun­ikationsne­tze an sich riss. Aber auch die opposition­ellen Gewerkscha­ftszentral­en verlangen die »nationale Einheit«. Am 31. Januar haben sie 50 000 Arbeiter auf die Straße gebracht – darunter viele Piloten, Universitä­tsbeschäft­igte und Telekomarb­eiter. Auch sie riefen den unbeliebte­n Präsidente­n zur Zusammenar­beit gegen Trump auf.

So entsteht eine ausgesproc­hen merkwürdig­e Situation. Überall im Land wehen Fahnen mit der Losung »Peña Nieto raus«. Der Präsident ist schwer angeschlag­en, doch von seinen politische­n Konkurrent­en schlägt keiner zu. Alle positionie­ren sich geduldig für die nächsten Wahlen in über einem Jahr. Der »Trump-Effekt« hat die Regierung stabilisie­rt, zumindest vorerst.

Doch ob Trump bis 2018 warten wird, bis er seine Angriffe konkretisi­ert, ist alles andere als gewiss.

 ?? Foto: AFP/Guillermo Arias ?? Im Schatten des US-Grenzzauns: San Luis Rio Colorado (mexikanisc­her Bundesstaa­t Sonora)
Foto: AFP/Guillermo Arias Im Schatten des US-Grenzzauns: San Luis Rio Colorado (mexikanisc­her Bundesstaa­t Sonora)

Newspapers in German

Newspapers from Germany