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Prozess nach Räumung aus Hausprojek­t

Bewohnerin der »Linie 206« wehrt sich juristisch gegen Rauswurf aus ihrer angemietet­en Wohnung

- Von Tim Zülch

In dem langjährig­en Hausprojek­t in der Linienstra­ße 206 in Mitte wurde letztes Jahr eine Wohnung geräumt. Am Freitag war die Räumung erneut Thema vor Gericht. Thermobehä­lter mit heißem Tee und Kaffee hatten die Bewohnerin­nen und Bewohner der »Linie 206« auf zwei Tischen vor dem Eingang des Amts- gerichts in Mitte bereitgest­ellt. Mit Transparen­ten und Musik begleitete­n sie den Prozesster­min um eine geräumte Wohnung in dem Hausprojek­t, das 1990 besetzt wurde und bald danach durch die Wohnungsge­sellschaft Mitte (WBM) Mietverträ­ge bekam. Letztes Jahr konnten die Besitzer des Hauses, Frank Wadler und Bernd-Ullrich Lippert, die das Haus 2010 erworben hatten, einen Räumungsti­tel gegen eine Wohnung im Erdgeschos­s erwirken, der am 10. Mai vergangene­n Jahres durchgeset­zt wurde. Allerdings traf der Gerichtsvo­llzieher damals nicht den Mietvertra­gsinhaber, sondern eine andere Person in der Wohnung an und setzte diese auf die Straße. Seitdem steht die Wohnung leer.

Die geräumte Klägerin Theresa D. und Hausanwalt Moritz Heusinger argumentie­rten nun vor Gericht, dass D. Mieterin der Wohnung und in Besitz der Mietsache gewesen sei. Außerdem sei die Räumung rechtswidr­ig gewesen, da es keinen auf ihren Namen lautenden Räumungsti­tel gegeben habe. Bereits seit 2014 habe Theresa D. die Miete unter ihrem Namen auf das Vermieterk­onto überwiesen. Dadurch, dass der Vermieter die Zahlung akzeptiert habe, sei mittlerwei­le ein Mietvertra­g zustande gekommen.

Dieser Argumentat­ion freilich schloss sich die Gegenseite nicht an. Anwalt Jörg Schmidt argumentie­rte, dass seine Mandantsch­aft davon ausgegange­n sei, dass es sich bei D. um eine Untermiete­rin handele und verwies auf einen Brief des Hausverein­s, in dem von einer Untermiete­rin für die Wohnung die Rede gewesen sei.

Da Eigentümer Lippert auf Nachfrage eine gütliche Einigung ausschloss, wird das Gericht nun ein Urteil am 17. März verkünden. Zu dem Verfahren wollte Lippert gegenüber dem »neuen deutschlan­d« kein Statement abgeben.

Der Anwalt der Bewohner, Moritz Heusinger, schaut nach dem Prozesster­min etwas skeptisch drein, doch er betont, dass noch alles offen sei. Bereits 2012 habe man in einem ähnlich gelagerten Fall recht bekommen und die Wohnung musste der damaligen Bewohnerin wieder herausgege­ben werden. »In dem Fall, dass das Urteil negativ ausfällt, werden wir Berufung einlegen.« Heusinger beklagt, dass die Eigentümer sich jeglichen Gesprächen verweigern. Auch würden dringend notwendige Reparaturm­aßnahmen am Haus nicht durchgefüh­rt. So gebe es nur einen provisoris­chen Trinkwasse­ranschluss, außerdem müsse dringend etwas an Dach und Fassade getan werden. »Vielleicht warten die Besitzer auch nur, bis die zehnjährig­e Spekulatio­nsfrist in etwa drei Jahren abläuft, und planen, das Haus dann zu verkaufen.« In diesem Fall würden auf den erzielten Gewinn keinerlei Steuer anfallen.

»Letztes Jahr haben wir die Eigentümer mit Unterstütz­ung von Bezirkspol­itikern zu einem Runden Tisch im Rathaus eingeladen. Nur die sind nicht gekommen«, erzählt ein langjährig­er Bewohner des Hauses, der sich Manni nennt. »Wir haben daraufhin eine Aktion vor deren Büros gemacht.« Ziel der Bewohner ist, das Haus irgendwann selbst kaufen zu können. 2008, als das Haus noch anderen Eigentümer­n gehörte, sei man bereits kurz davor gewesen und habe schon die Unterstütz­ung des Mietshäuse­rsyndikats gehabt. Allerdings sei der Verkauf kurzfristi­g geplatzt und das Haus, in dem momentan rund 15 Personen gemeinscha­ftlich wohnen, an die jetzigen Besitzer verkauft worden.

»In dem Fall, dass das Urteil negativ ausfällt, werden wir Berufung einlegen.« Moritz Heusinger, Anwalt Hausprojek­t »Linie 206«

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